Wo ist mein Hut

Autor*in
Klassen, Jon
ISBN
978-3-314-10547-0
Übersetzer*in
Bodmer, Thomas
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Klassen, Jon
Seitenanzahl
36
Verlag
Nord-Süd
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Gossau
Jahr
2020
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Ein Bär hat seinen Hut verloren und fragt alle Tiere aus seiner Umgebung, ob sie ihn gesehen haben. Frage und Antworten laufen mit kleinen Abweichungen nach einem bestimmten Muster ab. Als der Bär sich plötzlich erinnert, den Hut auf dem Kopf des Kaninchens erblickt zu haben, gibt es für ihn kein Halten mehr.

Beurteilungstext

Das Bilderbuch „Wo ist mein Hut“ von Jon Klassen erschien als deutschsprachige Ausgabe im Jahre 2012 im Nord-Süd Verlag und wurde im Jahre 2013 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Die vorliegende ausgesprochen handliche Ausgabe im DIN A5-Format mit festem Einband und Seiten aus Pappe wurde im Jahr 2020 herausgebracht.

Auf dem Cover des Buches erblicken wir Rumpf und Kopf eines Bären, der uns – trotz der angedeuteten Profilansicht – mit beiden Augen ansieht, was den Blick des Betrachters auch im Fortgang des Buches sehr stark auf das Mienenspiel – der hier auftretenden Tiere - lenkt. Auf der inneren Umschlagseite sehen wir den Bären dann in voller Lebensgröße, und wir erfahren im Weiteren auch gleich worum es geht. Sein Hut ist ihm abhanden gekommen, und er möchte ihn zurück.

Es beginnt nun eine Odyssee zu den Tieren aus seinem unmittelbaren Lebensumfeld, die allesamt kleiner sind als er selbst und die jeweils mit der Frage „Hast du meinen Hut gesehen?“ konfrontiert werden. In dieser Weise wendet er sich dem Fuchs, dem Frosch, dem Kaninchen, der Schildkröte, der Schlange und einer Art Gürteltier zu. Die Dialoge sind sehr kurz gehalten. Auf die verneinenden Antworten der Tiere folgt das etwas mürrische „Schon gut. Trotzdem vielen Dank“ des Bären. Auch Rückfragen und andere kleine Wünsche werden mit einer kurzen passenden Reaktion beantwortet.

Bevor er dem letzten Tier begegnet, legt der Protagonist eine Denkpause ein. Wir finden ihn auf einer Doppelseite auf dem Rücken im Gras liegend vor: Wird er seinen Hut, der ihm doch so sehr fehlt, jemals wiedersehen? Der hinzutretende Hirsch bringt Bewegung in seine wehmütigen Gedanken. Er lässt sich den Hut genau beschreiben und nun erinnert sich der Bär, dass er ihn („irgendwo“) gesehen haben muss und läuft – die anderen Tiere hinter sich lassend - schnurstracks zum Kaninchen mit dem Ausruf: „Du, du hast meinen Hut gestohlen“.

Auf je einer Doppelseite stehen sie sich gegenüber: der bedrohlich – nur mit Kopf und angedeutetem Rumpf zu sehende Bär und der kleine ihn unverhohlen anblickende mit Hut bedeckte Kopf des Kaninchens. Und nur eine Seite weiter finden wir den Bären im Gras sitzend mit dem „über alles“ geliebten Hut auf dem Kopf. Auf die Frage des vorbeikommenden Eichhörnchens nach dem Kaninchen antwortet er genau mit den Sätzen, die das Kaninchen vormals auf seine Frage zum Hut gebraucht hat: „Warum fragst du mich?“ mit der Beteuerung, das jeweils Nachgefragte nicht gesehen zu haben, nicht als Täter in Frage zu kommen und keine Fragen mehr hören zu wollen. Und nun verwendet das Eichhörnchen die vorherige stereotype Antwort des Bären „Schon gut …“.

Die Illustration konzentriert sich auf die in verschiedenen Brauntönen sehr ausdrucksstark gestalteten Tiere, wobei die Umgebung durch wenige Gras- und Blumenhalme lediglich angedeutet ist. Nur das Rot des dreieckigen Hutes leuchtet hervor. Die Farbe Rot nimmt auch in der typografischen Gestaltung eine besondere Stellung ein. Während die schlichten Antworten der Tiere in bräunlicher Schrift dargestellt sind, ist die Antwort des Kaninchens „… ich habe überhaupt keine Hüte gesehen. Ich stehle doch keinen Hut …“ in Rot gehalten und die Seite, auf welcher sich der Bär an seine vorherigen Begegnungen erinnert, ganz in Rot grundiert. Hier unterstreicht die Farbe die sprachliche Ausführung und gibt ihr einen alarmierenden Charakter. Zusätzlich werden für diese besondere Situation im Text Großbuchstaben verwendet.

Die besondere Spannung der Geschichte ergibt sich daraus, dass zwischen bildlicher Darstellung und Narration an zwei entscheidenden Stellen Diskrepanzen entstehen. Das Kaninchen antwortet dem Bären, überhaupt keine Hüte gesehen zu haben, während dem Betrachter auffällt, dass es einen roten Hut auf dem Kopf trägt, und der Bär versichert später auf Nachfrage keine „Kaninchen zu fressen“, während auf der Bildebene das Kaninchen nicht wieder auftaucht. Damit wird Raum gegeben für eigene Überlegungen der Kinder, die mit dem Bilderbuch lesend oder zuhörend beschäftigt sind.

Das Buch ist für Kinder ab 4 Jahren gedacht, denen es bereits gelingen sollte, den Inhalt zu erfassen. Es steht zu erwarten, dass sie die „Leerstellen“, welche in der Korrespondenz von Text und Bild angelegt sind, durch eigene Vermutungen ausfüllen können. Zudem dürften ältere Kinder bis ins erste Lesealter hinein an dem Bilderbuch mit seiner besonderen Herausforderung ebenso ihre Freude haben. Ein wenig Lenkung von Seiten eines Erwachsenen ist vor allem bei den jüngeren Altersgruppen möglicherweise gefordert, zumal sich der Bär mit der Trauer um seinen verlorenen Hut sehr deutlich in den Vordergrund schiebt. Denn: Wie mag es dem Eichhörnchen gehen, das einen Freund verloren hat? (anei)

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von anei; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 02.01.2021

Weitere Rezensionen zu Büchern von Klassen, Jon

Klassen, Jon

Der Totenkopf. Eine Tiroler Sage

Weiterlesen
Klassen, Jon

Der Totenkopf

Weiterlesen
Barnett, Mac; Klassen, Jon

Der Wolf, die Ente & die Maus

Weiterlesen
Klassen, Jon

Aus heiterem Himmel

Weiterlesen
Klassen, Jon

Aus heiterem Himmel

Weiterlesen
Klassen, Jon

Aus heiterem Himmel

Weiterlesen