Wie schön weiß ich bin - gesprochen von Laura Tonke und Dolf Verroen

Autor*in
Verroen, Dolf
ISBN
978-3-939375-04-3
Übersetzer*in
Erdorf, Rolf
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Erlbruch, Wolf
Seitenanzahl
Verlag
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2006
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In 40 Kurzkapiteln berichtet die 12jährige Maria von ihrem Leben auf einem Gutshof in Surinam zur Zeit der Sklavenhaltung, ihren Erfahrungen mit eigenen Sklaven und den Menschen um sie herum. Das Buch wird gelesen von Laura Tonke. Dazu gibt es ein vom Autor gesprochenes Nachwort mit der Entstehungsgeschichte des Buches.

Beurteilungstext

Das könnte manchen Leuten noch heute so passen, dieses Leben als “Herrenmensch” in einem tropischen Land, umsorgt von einer Heerschar willen- und rechtloser SklavInnen. Und hier liegt vielleicht der einzige kleine Kritikpunkt an der Geschichte: Wer sich schon als “Herrenmensch” fühlt, sich also anderen überlegen meint, könnte sich hier bestätigt fühlen und im Kontakt mit als “minderwertig” empfundenen Menschen in ähnlicher, nicht akzeptabler Weise reagieren. Im Klartext: Rechtsradikale vertreten oft heute noch Standpunkte, wie sie hier als historisch zitiert werden.
Doch der Reihe nach. Das Buch, nur 68 Seiten stark, entwickelt ein recht umfassendes atmosphärisch dichtes Bild der Lebensbedingungen in Surinam etwa Anfang des 19. Jahrhunderts. Dies gelingt durch die Beschränkung auf kurze, einfache Sätze in schlaglichtartig aufleuchtenden winzigen Einzelkapiteln. Berichtet wird aus dem Blickwinkel der 12jährigen Maria, die unkritisch und naiv die Verhaltensweisen ihrer Umgebung übernimmt. Diese Verhaltensweisen reichen von überreglementierter “Kultur” (“das Schlimmste für ein Mädchen ist eine schlechte Haltung”) bis zu blankem, menschenverachtendem Rassismus, der die Sklaven (und auch ihre Kinder) für rechtlose Verfügungsmasse des Besitzers hält. Diese menschliche “Ware” hat einen Marktwert, so lange sie brauchbar ist, kann aber nach Belieben schikaniert, geprügelt oder verkauft werden, schlimmstenfalls auch umgebracht. Solches Verhalten zu missbilligen, ja gesellschaftlich zu ächten ist tatsächlich erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts üblich, selbst heute noch geschieht dies nicht in allen Weltregionen gleichermaßen.
Für den heutigen Leser bzw. Hörer sollte es aber doch schockierend sein zu erfahren, dass Dinge wie ein heruntergefallenes Stück Kuchen, Haare in der Bürste oder ungeputztes Silber als Katastrophen empfunden und sofort geahndet werden, wohingegen das Ersäufen eines schwarzen Babys oder das Verstümmeln einer jungen schwarzen Frau als Nebensachen beinahe untergehen.
Dieser Schock wirkt im Hörbuch eher noch stärker, da es Laura Tonke gelingt, gerade in diesen Momenten völlig unsentimental, lakonisch, fast gefühllos zu wirken. Dabei glänzt ihre Stimme durchweg mit hervorragender Verständlichkeit und lässt es nie an Spannung und Intensität fehlen. Auf diese Weise passt eben auch diese Stimme in das historische Umfeld, scheint nicht aus unzeitiger heutiger Sicht zu sprechen. Die Schlüsse und Konsequenzen muss der Leser/Hörer für sich selbst finden und umsetzen, diese Mühe wird ihm weder vom Autor noch von der Sprecherin abgenommen. Das allerdings bedingt ein Mindestalter und auch eine Mindestreife, um in den gewünschten Bahnen (und die gibt es natürlich!) zu verlaufen.
In keinem Fall sollte man auf das Nachwort Verroens verzichten. Seine eigenen Erfahrungen in Surinam und später in Ghana verdeutlichen einerseits die kenntnisreiche Absicht des Autors. Er lässt aber auch klar erkennen, wie schwierig die Überwindung der durch den Sklavenhandel belasteten historischen Beziehung zwischen Schwarz und Weiß werden wird, dass sie, wenn überhaupt, nur durch den Fluss der Zeit möglich wird. Das scheint sehr deprimiert und hoffnungslos zu klingen, dürfte aber der Realität entsprechen.
Ein unerwartet anspruchsvolles Buch zu einem schwierigen Thema, das aber jede Mühe der Auseinandersetzung lohnt. Und in der Hörausgabe verringert sich diese Mühe wesentlich. Am besten - gerade im Unterricht - kombiniert Buch/CD einsetzen!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von bh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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