Weiße Tränen

Autor*in
Schrocke, Kathrin
ISBN
978-3-95854-205-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
220
Verlag
Mixtvision
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2023
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüredidaktisches MaterialFreizeitlektüre
Preis
17,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Welt am Kant – Gymnasium scheint in Ordnung. Leonhards (Lennis) bester Freund ist Serkan, mit dem er herrlich abhängen und über Mädchen reden kann. Auch Luisa und Elif kommen in der Regel gut miteinander klar. Der Theater-AG –Lehrer Prasch ist kein Rassist, aber dann taucht der dunkelhäutige Schüler Benjamin auf und bringt das scheinbar tolerante Selbstbild aller Beteiligter durcheinander.

Beurteilungstext

Ein Buch über den latenten Rassismus in unserer weißen Gesellschaft und in jedem von uns. Wunderbar! Endlich findet eine Autorin Worte für das ungute Gefühl, das viele von uns haben, wenn wir wieder einmal feststellen,
• dass wir bei jedem Autoraser denken: vermutlich junger männlicher Migrant,
• dass wir staunen, wie viele farbige Deutsche in der deutschen Nationalmannschaft spielen
• dass „natürlich“ Menschen aus Afrika oder Afrika- stämmige Menschen die große Wettkämpfe im Laufen gewinnen
• …….
Sicher fallen jedem von uns genügend eigene Beispiele ein für den täglichen Rassismus, den wir alle – auch die Migranten – in uns tragen. Denn
• alle „Kartoffel“ = Deutsche sind Rassisten und engstirnig und Kontrollfreaks und ordnungsliebend und besserwisserisch und….
• alle muslimischen Mädchen müssen um ihren Freiraum kämpfen, werden unterdrückt, sollen möglichst früh heiraten, dürfen nicht selbst entscheiden..
• alle jüdischen Menschen sind Palästina feindlich, Muslim feindlich, …..
• und eben: alle Schwarzen können gut tanzen (S. 30 ff.) ….
Mir geht es nicht darum, den Vorwurf des Rassismus in der deutschen Gesellschaft zu verwässern nach dem Motto: die anderen sind auch nicht besser, sondern darum, ihn zu relativieren. Alle Vorurteile führen zu Hass: alle Schwulen.., alle FeministInnen.., alle Linken ….
Elif bringt es auf den Punkt (S. 88): „Es geht nicht darum, angegriffen zu werden…. Ich rede nicht von Neonazis oder rechten Parteien. Das ist doch nur die Spitze des Eisberges… Tut mir leid, aber ich bin weder ein Flüchtling noch eine Ausländerin. Ich bin im gleichen Krankenhaus geboren worden wie du. Es geht darum, nie wirklich dazuzugehören!“ Serkan: „ Du hast keinen Schimmer, wie das ist, der ewig andere zu sein.“
Beim Lesen des Buches wird jeder mit seiner Haltung zu seinen Mitmenschen konfrontiert und es wird sehr deutlich, dass nur Freundschaften und Kontakte zu den jeweils anderen verhindern können, dass sich Vorurteile festsetzen: S. 144 „Freundschaften sind das Allerwichtigste im Leben. Menschen, denen gegenüber man ganz selbst sein kann.“ Das miteinander Sprechen, das füreinander Eintreten schafft Vertrauen und entzieht dem alltäglichen Rassismus den Nährboden.
Problematisch erscheint mir lediglich, dass wieder einmal das Tragen des Kopftuches als Beispiel für den deutschen Rassismus herhalten muss. Dieses Stück Stoff ist eben nicht nur ein Kleidungsstück: im Iran steht es für die Unterdrückung der Frau; in der Türkei verbot Atatürk das Kopftuch in der Öffentlichkeit, um die Trennung von Staat und Kirche zu betonen und Erdogan hat es schleichend mit der Hilfe seiner Frau und konservativen Kräften wieder salonfähig gemacht. Das Tragen des Kopftuches ist ein Politikum und leider wird in dem Buch nicht geklärt, warum Elif das Kopftuch trägt. Vielleicht ist es auch „nur“ ein Zeichen für das Erstarken eines Selbstbewusstseins einer jungen Frau, die mit den Vorurteilen der Mehrheitsgesellschaft spielt und da ist es nur zu verständlich. Schade, dass dieser Aspekt nicht vorkam.
Es ist ein Buch, das zum Nachdenken und zum Diskutieren einlädt. Es fordert auf, Stellung zu beziehen und sein eigenes Verhalten, Denken und Fühlen zu prüfen. Ein wichtiges Buch!
Hilfreich sind auch die abschließenden Lektüre – und Podcast – Empfehlungen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von 6; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 04.11.2023

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