Weg mit Knut!

Autor*in
Wung-Sung, Jesper
ISBN
978-3-446-25495-4
Übersetzer*in
Buchinger, Friederike
Ori. Sprache
Dänisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
224
Verlag
Hanser
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2017
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

"Wie schlimm ist es, in einem Körper aufzuwachen, der müde und schwer von einem Marathon ist, den der Körper doch gar nicht gelaufen ist?" In der Zeit seiner Krankheit vergisst William nach und nach, was ein ganz normaler Junge macht. Er könnte es wieder lernen, wenn er es schafft, die Krankheit zu besiegen. Und sich von Knut zu trennen. Knut ist eine irritierende Figur. William hat sie selbst erschaffen - Knut ist sein Krebs.

Beurteilungstext

"Es war einmal ein Kind." Der erste Satz einer Geschichte, die wie ein Märchen beginnen mag, aber dies nicht hält, denn ihr Protagonist hat Krebs. Und er ist noch ein Kind.
William hat seine Eltern und seine Freunde, die ihn unterstützen; doch können sie wirklich verstehen, wie es ihm geht? Eines Tages taucht Knut auf und sucht einen Ort zum Wohnen. Er ist pummelig, hat stets einen scharf gezogenen Scheitel, Finger wie Cocktailwürstchen und immer großen Hunger. Er ist oft selbstbezogen und ungerecht. Niemand außer William kann Knut sehen, denn er ist Williams Fantasiegeschöpf.
Knut ist lustig - manchmal. Oft ist er aber vor allem derb und hart. Wenn er William genervt fragt: "Denkst du vielleicht, es wäre einfach, ich zu sein?" oder ihn als dumm, blassgesichtig, verwöhnt und unwissend beschimpft. Und dennoch fühlt sich William durch Knut weniger einsam. Denn nicht nur die Krankheit löst ein großes Gefühlschaos in ihm aus. Schlimmer als Schmerzen und Chemotherapien ist es für William zu sehen, wie traurig es seine Eltern macht. Vor der Krebserkrankung hat Williams Vater immer lustige Krawatten getragen. Und seine Eltern haben gemeinsam in einem Bett geschlafen, haben mal auf ihren Sohn geschimpft und ihm nicht fast jeden Tag sein Lieblingsessen gekocht...
"Knut" der Name klingt harmlos und es bleibt offen, inwieweit der dänische Autor mit seinem Buchtitel (im Original "Ud med Knud") tatsächlich auf die Neujahrswerbung des großen schwedischen Möbelherstellers anspielt. Auf jeden Fall scheint Knut eine Figur zu sein, mit der es der Protagonist doch eigentlich sehr leicht aufnehmen könnte, die sich selbst zuweilen in ihrer Lächerlichkeit dekonstruiert. Doch gleichzeitig ist sie Williams Krankheit, die ihn eventuell sogar töten kann...
William wird verstehen, dass er nur gesund werden kann, wenn er sein Leben wieder ohne Knut lebt.

"Weg mit Knut" ist keine Geschichte über Krankheit. Es ist eine Geschichte über einen sehr jungen Menschen, der sich mit den essistenziellsten Fragen auseinandersetzen muss. Und der es dank seiner Fantasie schafft, ein normales Leben wiederzugewinnen - und sein Vater es wieder wagen kann, eine lustige Krawatte zu tragen.
Jesper Wung-Sung schreibt Sätze, die literarisch und psychologisch in die Tiefe führen und Eindeutigkeit verweigern. So wird Knut im Verlauf der Geschichte immer näher beschrieben, bleibt aber dennoch diffus. So kann aufgrund Knuts Selbstaussage, er würde auch als "weißer Scheiß" bezeichnet, vermutet werden, dass William an Leukämie erkrankt ist. Und der Leser, der so dicht an Williams Gedanken und Gefühlen ist, fühlt sich immer wieder versucht verständnislos zu fragen, warum William Knut trotz allem als Freund bezeichnen kann.
William erlebt außerdem zum ersten Mal wie es ist, verliebt zu sein. Er feiert wieder einen Geburtstag, auf dem er sich fast wie ein normaler Junge fühlen darf, weil die Ärzte optimistisch sind. Er darf wieder in die Schule gehen und baut im Garten ein Floß.
Und es gibt die Momente, in denen er sich mit dem Tod auseinandersetzt: mit seinem eigenen möglichen und dem tatsächlichen eines guten Freundes. Die Momente, in denen ihm bewusst wird, dass der Junge, der vor der Krankheit sein bester Freund war, nun eben nur noch ein guter Freund sein wird.
"Weg mit Knut" ist ein Buch, das es seinen Lesern nicht leicht macht. Damit tut es genau das, was Literatur tun soll: seine Leser fordern und ihnen etwas abverlangen. Wung-Sung beherrscht das Erzählen: er durchwebt seine Geschichte mit intertextuellen Verweisen und eröffnet einen tiefgründigen psychologischen Deutungsraum. Dabei gibt es neben den traurigen Momenten genauso viele humorvolle, denn William ist nicht nur trotzig gegenüber Knut, sondern er wird ihm beweisen, dass er stärker ist als er.
Schließlich ist es eine Geschichte über Lebensmut, die ihren Leser versöhnt entlässt.
[Susanne Drogi]

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von sd; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 28.06.2017

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