Rotkäppchen muss weinen

Autor*in
Hanika, Beate Teresa
ISBN
978-3-596-85336-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
223
Verlag
FISCHER Schatzinsel
Gattung
Ort
Frankfurt
Jahr
2009
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Malvina, das Mädchen mit dem ungewöhnlichen Namen, wird bald 14 Jahre alt. In der Enge einer Kleinstadt befindet sie sich in einer schrecklichen Situation. Die Vergangenheit, ihr wohl gehütetes Geheimnis, droht nicht nur, sie wieder einzuholen, sondern auch, sich fortzusetzen.
Doch allem zum Trotz ist da auch noch Klatsche, der Junge aus der Neubausiedlung, der plötzlich auf eine Weise in ihr Leben tritt, die sie nicht erwartet hat, mit Hartnäckigkeit und Geduld.

Beurteilungstext

Dieses Buch geht unter die Haut. Beate Teresa Hanika schafft es mit wenigen Worten und in der Sprache eines jungen Mädchens, der Hauptfigur Malvina, einen Eindruck der Enge zu vermitteln, in der die Protagonistin lebt. Da ist die familiäre Enge, die depressive Mutter, der cholerische Vater, das Einfamilienhaus und die scheinbar heile bürgerliche Welt. Daneben stehen Lizzy, Malvinas Freundin und die alte Villa am Rand der Stadt, als Orte und Menschen, die Sinnbild der Freiheit sind. Sinnbild einer Freiheit, die kaum noch zu erreichen scheint, nur indem man sich verschließt, sich aufteilt, in eine Person, die lebt, denkt und fühlt und eine Hülle, einen Körper, der stumm und gefühllos erträgt, was Malvina weder zu sagen, noch zu denken vermag. Malvina pendelt ständig zwischen diesen Welten, ihrer Freundschaft zu Lizzy, mit all den schönen Erinnerungen, der ganz zart sich entwickelnden Liebe zu Klatsche und diesem anderen Leben aus Angst und Scham. Doch die Enge droht sich gefährlich zu verdichten, sobald sie die Wohnung ihres Opas betritt. Hier bekommt sie buchstäblich keine Luft mehr.
Die Unaussprechlichkeit und Komplexität der gesamten Situation werden dem Leser auf eine Weise nahe gebracht, der er sich kaum zu entziehen vermag. Vor allem die Verflechtungen aus Schuldgefühlen und psychischem Druck werden deutlich, die Malvinas Lage erst ermöglichen. Hier wird weder beschönigend noch sensationslustig mit dem sensiblen Thema Missbrauch umgegangen.
Malvina blättert schonungslos, nach und nach, jede Seite ihres inneren Fotoalbums um und zeigt dem Leser, was er manchmal kaum mehr sehen will. Dabei wahrt die Autorin Takt und verlässt niemals die Sicht der Hauptfigur, ihren Ton und ihre Wahrnehmung. Das heißt auch, dass nicht alles ausgesprochen, erzählt und beschrieben wird.
Doch das Buch lässt den Leser nicht zurück. Es ist auch ein kraftvolles Plädoyer zur Öffnung, zur Konfrontation. Was geschildert wird ist nicht ausweglos und keineswegs endgültig. Malvina findet ihren Weg heraus aus der Enge und macht so Mut. Anders wäre dieses Buch kaum zu ertragen.
Befremdlich und rätselhaft bleibt die Figur der Bitschek, der Nachbarin des Opas. Auch sie stellt sich ihrer Vergangenheit. Doch ihre plötzlich so große Bedeutung in der Erzählung wirkt an einigen Stellen seltsam konstruiert. Ein moderner „deus ex machina“. Hier schließt sich die Verbindung zum Titel, der dem Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf entlehnt ist.
Man kann sich keine bessere Neuinterpretation dieses Märchens vorstellen und hat den Eindruck, als sei einem dieser Wolf im Nachthemd der Großmutter nicht schon immer seltsam vertraut vorgekommen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von JA.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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