Nirgendwo in Berlin
- Autor*in
- Hanika, Beate Teresa
- ISBN
- 978-3-596-85405-9
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 272
- Verlag
- FISCHER Schatzinsel
- Gattung
- –
- Ort
- Frankfurt
- Jahr
- 2011
- Lesealter
- 14-15 Jahre16-17 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Klassenlektüre
- Preis
- 13,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Für die 16-jährige Greta ändert sich alles, als ihre Mutter einen Neubeginn in Berlin wagt und sie mitnimmt.Vom Land in die Großstadt, ohne ihren Vater und vor allem ohne ihre Freunde fühlt sich Greta allein und verloren in Berlin. Doch es gibt ja noch eine anderen Ort: Das Internet mit seinen Chatrooms. Und Greta, die seinen Verführungen erliegt, erkennt seine Abgründe und Gefahren erst, als es schon - fast - zu spät ist.
Beurteilungstext
Es ist heiß, glühendheiß in Berlin. Die Hitze scheint alles zu ersticken und die sechs Wochen Sommerferien, die vor Greta liegen, dehnen sich endlos und furchterregend aus. Größer könnte der Kontext zu ihrem bisherigen Leben aber auch nicht sein: Von einem geborgenen Leben auf dem Lande wird die 16-jährige Greta in den Moloch Berlin geworfen, der sie zu verschlingen drohlt. Und das Schlimmste daran: Es merkt noch nicht einmal jemand ...
Denn das ist das Hauptproblem, das Greta auf einmal hat: Sie ist so furchtbar alleine. Ihre bisherigen Freunde melden sich nicht, ihre vormals beste Freundin lässt sich mit Gretas Schwarm ein und kündigt ihr die Freundschaft, und ihre Mutter, die bislang immer zu Hause war - wenn auch oft depressiv und apathisch - geht nun völlig in ihrem neuen Job als Journalistin auf und ist kaum noch für sie da. So verschmelzen die sonderbaren Bewohner ihres Hauses im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg zu einem Mikrokosmos, der Gretas neues soziales Umfeld bedeutet: Da ist der mürrische Hausmeister, der ihr nachspioniert, da ist Cindy, die aufdringliche 13-Jährige, die genau so einsam ist wie Greta und da ist Konrad, der aggressive, schwer erziehbare Jugendliche, der in einem betreuten Wohnprojekt lebt. Und schließlich gibt es noch den gutaussehenden Mikesch, Konrads Betreuer, der Greta mit seiner melancholischen Ausstrahlung sofort in seinen Bann zieht.
Zwischen diesen Menschen webt die Autorin ein Netz aus subtilen Beziehungen, die von Gefühlen wie Hass, Abneigung, Sehnsucht und Misstrauen durchzogen sind.
Durch Cindy lernt Greta einen weiteren Mikrokosmos kennen: Das Internet mit seinen endlosen Chatrooms, in denen sich zahlloses Individuen tummeln, die nur eines verbindet: ihre grenzenlose Einsamkeit und ihre rastlose Suche nach einem Menschen, der diese Einsamkeit durchbricht und beendet. Sehr schnell verfällt Greta der Faszination dieser ihr bislang unbekannten virtuellen Welt, vor allem, als sie dort Pampolina begegnet, einem Mädchen, zu dem sie sich hingezogen fühlt. Und als Pampolina von einem Tag auf den anderen plötzlich aus den Chatrooms verschwunden ist, weiß Greta sofort, dass etwas Schreckliches geschehen sein muss...
Beate Teresa Hanika gelingt es, ihre Geschichte atmospährisch so dicht zu gestalten, dass sich der Leser in die lähmende Hitze dieser beklemmenden Großstadtwelt einbezogen fühlt. Er spürt die Schlaflosigkeit, welche die Figuren auch nachts das Internet durchstreifen lässt, er begreift ihre Isolation, die lediglich durch belanglose Wortwechsel mit dem Kioskbesitzer unterbrochen wird. Und er kann ihre Sehnsucht nach Nähe und Verständnis nachvollziehen, die Pampolina und Greta alle Vorsichtsmaßnahmen eines Chatters missachten lassen. Nacheinander treffen sich beide mit dem geheimnisvollen Parzival und geraten dadurch in tödliche Gefahr.
Durch den ständigen Wechsel der Erzählperspektive von Greta, deren Erzählanteil überwiegt, hin zu Parzival wird eine ungeheure Spannung aufgebaut, denn die Fäden entwirren sich erst ganz zum Schluss. In einer sehr kompakten Schlussszene überschlagen sich nicht nur die Ereignisse, sondern enträtseln sich auch die realen und virtuellen Personen. Zum Schluss ist nur eines sicher: Niemand und nichts ist so, wie er und es in der virtuellen Welt schien, verlässlich sind ausschließlich die realen Menschen, tragfähig allein die Beziehungen zu diesen.
Dass diese Botschaft ohne moralisierenden Zeigefinger vermittelt wird, macht die Stärke dieses packenden Thrillers aus.