Rotkäppchen muss weinen

Autor*in
Hanika, Beate Teresa
ISBN
978-3-596-85336-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
222
Verlag
FISCHER Schatzinsel
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt
Jahr
2009
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die dreizehnjährige Malvina erlebt in den Osterferien, als ihre allerbeste Freundin Lizzy verreist ist, dass ihr Großvater sie wieder missbraucht und dass ihr keiner in der Familie glaubt. Unterstützung und schließlich auch den Mut sich zu wehren geben ihr eine resolute Nachbarsfrau und eine erste sehr vorsichtige Beziehung zu einem der Jungen, mit denen sie und Lizzy sich im letzten Jahr im Kampf um eine alte Villa bekriegt haben.

Beurteilungstext

Dieser erste Roman von B.T. Hanika wurde 2007 mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Es ist eine herausragende Ich-Erzählung über ein Mädchen in der Pubertät, das ganz allmählich die Wahrheit über sich herausfindet und es schafft, mit dieser Wahrheit offensiv umzugehen. Die Autorin lässt ihrer Protagonistin viel Zeit, viel Zögern, viele Umwegen, viele Rückblicke, aber sie lässt sie auch sehr scharf auf ihre kaputte Familie blicken. Der autoritäre Vater ist Lehrer, der ihr Vorhaltungen macht wegen mangelnder Herzensgüte, weil sie sich weigert, weiter zu dem Großvater zu gehen. Die Mutter fällt völlig aus, ist ständig von Migräne geplagt und außer stande, die Tochter überhaupt wahrzunehmen. Die ältere Schwester erscheint in der Diktion der 13-jährigen zunächst sehr einseitig als aufgetakelte, dumme Gans, aber sie ist am Ende die einzige in der Familie, die zur kleinen Schwester steht. Der vielgeliebte große Bruder versagt genau wie die Eltern. Und dann sind da noch die Großeltern in ihrer Widersprüchlichkeit: Malvina liebt die kleine Oma, die an Krebs stirbt, aber ihr noch das Versprechen abnimmt, “gut zum Opa” zu sein, obwohl sie mit angesehen und geduldet hat, dass er das Kind regelmäßig missbraucht hat.
In dieser Konstellation ist es allein die wilde, kraftvolle Lizzy, ihre beste Freundin, die ihr - selber unwissend - aus der Situation hilft, indem sie Malvina zwei Jahre lang immer zum Opa begleitet. In dieser Zeit verdrängte Malvina die früheren Bilder, löschte sie gewissermaßen aus, fühlte sich sicher.
Neben dieser Missbrauchsgeschichte, die für die Leserin genauso langsam aufgedeckt wird, wie Malvina die früheren Bilder wieder in sich zulässt, stehen die typisch pubertären Auseinandersetzungen der beiden Freundinnen mit den Jungs aus der Siedlung um die alte, unbewohnte Villa, die zugunsten weiterer Siedlungshäuser abgerissen werden soll. Das macht richtig Spass zu lesen und wirkt kraftvoll und vorbildhaft, wie sich die beiden Mädchen gegen die Jungen zur Wehr setzen, auch mit einem gezielten Faustschlag, wie sie sich ewige Blutsschwesternschaft schwören und auf dem Dachboden des alten Hauses sich ihr Refugium einrichten. Diese Geschichten werden im Rückblick erzählt und Malvinas Erstaunen, dass ausgerechnet der Anführer sich jetzt für sie interessiert, nach ihr fragt und versucht, ihr widersprüchliches Verhalten zu erklären, ist groß. Erst im gemeinsamen Kampf gegen die Abrissarbeiter finden die Beiden zusammen, vertrauen sie einander.
Das positive Ende wird verständlich und nachvollziehbar erzählt.
Die intensive Erzählweise, die dennoch Platz lässt für eine allmähliche Entwicklung der Themen und ihrer Verschränkung korrespondiert mit einem oft dem Mündlichen folgenden Sprachgebrauch, obwohl die Autorin Atmosphäre und sinnliche Eindrücke zwischendurch in den Erzählungen Malvinas geschickt unterbringt.
Besonders jugendlichen Leserinnen ab 13 Jahren etwa kann dies Buch Mut machen, sich in ähnlicher Situation zu wehren.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von uwo.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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