Prinz und Bottelknabe oder Das Tauschgeschäft

Autor*in
Boie, Kirsten
ISBN
978-3-596-80888-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
224
Verlag
FISCHER Schatzinsel
Gattung
Ort
Frankfurt
Jahr
2009
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
6,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Kevin Bottel und Calvin Prinz gleichen sich aufs Haar, sind aber kein im Sinne eines modernen, männlichen doppelten Lottchens getrenntes Zwillingspaar. Sie wurden lediglich in derselben Stadt zur exakt selben Uhrzeit am selben Tag geboren. Als sie sich im Alter von 14 Jahren zufällig begegnen, haben sie ihre Familien gründlich satt. Sie tauschen.

Beurteilungstext

Kevin wohnt in Hamburgs "sozialem Brennpunkt" und erfüllt alle Kriterien eines Ghettokids: Besuch der Hauptschule, in der ein Schüler, der sich ein Buch ausleiht, den Lehrer glückselig macht; aufpassen in der Schule ist uncool und bringt sowieso nichts; alleinerziehende Mutter, die mit der Putzstelle gerade so viel verdient, dass es zum Überleben reicht - eine Geburtstagsfeier mit Limonade und Topfschlagen für das siebenjährige jüngste der vier Kinder ist nicht drin. Kevin findet es selbstverständlich, mit dem wöchentlichen Zeitungsaustragen zum Familienunterhalt beizutragen.

Calvin ist das genaue Gegenteil: Er ist das menschgewordene späte Familienglück seiner Eltern, der "Thronfolger" in der väterlichen Firma, der zum zehnten Geburtstag Aktien im Wert von 10.000 Euro bekommen hat, "zum Üben". Das Kinderzimmer ist immer mit dem neuesten Computermodell ausgestattet, Nachhilfestunden sollen das Kind in der Schule einigermaßen über Wasser halten und die Mitgliedschaft im Sportclub das soziale Netzwerk pflegen. Dabei interessiert sich Calvin weder für den Wirtschaftsteil der Zeitung, noch für Mathematik, Hockey oder sein diverses Spielzeug. Er will nur eins: Seine Ruhe, weg von der Fürsorge der Eltern, weg aus dem Haushalt, in dem die dümmlich weichherzige Mutter von der Bediensteten mit "gnädige Frau" angesprochen wird.

Das Ausbrechen von zu Hause bringt die beiden Jungen zusammen, sie verstehen sich auf Anhieb und tauschen die Rollen: Nun muss sich Calvin in einem Milieu zurechtfinden, in dem das Geld knapp ist und kommt auf den Geschmack zu zeigen, was menschlich in ihm steckt. Und Kevin zieht ins Schlaraffenland und entdeckt, dass man den Grips im Kopf zu viel mehr benutzen kann, findet Spaß am Lernen und verbucht schnelle Erfolgerlebnisse. Nach kurzer Zeit schon hat er die Handbücher zur Computerbedienung durch und erklärt dem Vater seines Doppelgängers die Aktienkurse.

Die beiden Jungen erzählen die Geschichte abwechselnd in der Ich-Form, sodass der Leser immer wieder die Perspektive wechselt. Prinz und Bottelknabe ist eine tolle, packende Geschichte, eine perfekte Milieustudie und somit eine treffsichere moderne Adaption von Mark Twains "Der Prinz und der Bettelknabe". Ein großartiger Denkanstoß darüber, wie uns das Leben, der Zufall und unsere Chancen formen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von dk.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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