Thabo. Detektiv & Gentleman. Der Nashorn-Fall. [1]: Das Hörspiel

Autor*in
Boie, Kirsten
ISBN
978-3-8337-3947-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Sprecher*in
Bohn, Maja
Umfang
49  Minuten
Verlag
Gattung
Audio
Ort
Hamburg
Jahr
2018
Alters­empfehlung
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
10,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Detektiv Thabos erster Fall: Auf einer Jeep-Safari im südlichen Afrika entdecken die Touristen und der einheimische Ranger Vusi ein Nashornbaby und daneben dessen tote Mutter. Wilderer haben sie getötet und das Horn des Tieres abgesägt. Schnell wird Vusi verdächtigt. Sein Neffe Thabo und dessen beste Freundin Emma sind sich sicher, dass er es nicht war, und begeben sich auf Detektivsuche nach dem wahren Täter.

Beurteilungstext

Der Held und Erzähler der Geschichte, Thabo Sonnyboy Shongwe, sein Alter verrät er nicht, ist vermutlich zwischen zehn und vierzehn Jahre alt. Er lebt in Hlatikulu im südafrikanischem Eswatini (bis 2018 Swasiland bzw. Swaziland genannt) und hilft dort seinem Onkel Vusi bei der Betreuung von Gästen, welche die südafrikanische Savanne auf Safari-Touren vom Auto aus erleben möchten. Auf einer dieser Safaris entdecken sie ein Nashornbaby und daneben dessen getötete Mutter. Das Nashorn wurde ihr abgesägt. Schnell gerät Thabos Onkel unter Verdacht, aber der junge Detektiv und seine Freundin Emma können das nicht glauben und müssen jetzt zeigen, ob sie wirklich das Zeug zum Detektiv haben.
Im „Nashorn-Fall“, dem ersten Kriminalfall um den „Detektiv & Gentleman“ Thabo, geschrieben von Kirsten Boie, geht es um Wilderei im südlichen Afrika. Nebenbei erfahren wir auch Einiges über die Lebenssituation der Kinder vor Ort.
Thabo hat seine Eltern durch Aids verloren und wächst deshalb bei seinem Onkel Vusi auf. Sein größter Traum ist es ein „guter Detektiv“ zu werden, ganz nach dem Vorbild Miss Marples, deren Filme er gemeinsam mit der älteren englischen Lady Agatha, der Tante seiner Freundin Emma, anschaut. Emma Chapman „besucht in England ein Internat und kommt nur in den Ferien nach Hause“ zu ihrer Mutter, die hier in Hlatikulu die Lion Lodge betreibt. Miss Agatha ist nach dem Abzug der britischen Kolonialherren in dem Land geblieben, „da sie das Land und die Menschen liebt“ (1968 wurde Eswatani, damals noch Swasiland, unabhängig vom Vereinigten Königreich).
Gemeinsam mit Emma löst Thabo knifflige Kriminalfälle und stellt sich dabei oft schlauer als die Polizisten und der Kommissar vor Ort an. Sogar wenn die einheimische Polizei in Thabos Augen einmal etwas richtig macht, stellt sich dies schnell als Trugschluss heraus und er lobt sogleich die bessere englische Polizei. Die Hauptfigur Thabo spricht dabei die Leser:innen (und Hörer:innen des Hörspiels) in einer ausgesprochen höflichen Art an, besonders wenn er sich für die oft freche Ausdrucksweise seiner Freundin Emma entschuldigt („Ein Gentleman sagt so etwas nicht.“). Neben dem Ziel, ein guter Detektiv zu werden, möchte Thabo nämlich vor allem ein „Gentleman“ sein.
Kirsten Boie erklärte in einem Interview, dass sie ihren Helden Thabo nach dem Ideal des Gentleman streben lässt, da auch Nelson Mandela von sich selbst gesagt haben soll, er wäre gern ein Gentleman und dies ein gutes Vorbild sei. Thabos Bild eines Gentleman‘ beinhaltet aber nicht nur höfliches, respektvolles Verhalten seinen Mitmenschen gegenüber (wie wir es Nelsons Mandelas Idealen bestimmt zusprechen würden), sondern auch ganz profane Dinge wie „ein großes Haus, eine Lady, viel Geld“.
Kirsten Boie will mit den Krimigeschichten rund um Thabo laut eigener Aussage den lesenden Kindern „Kinder (zeigen), die sind wie sie. Es geht (sonst) immer um das ganz Fremde, um Opfer, mit denen man Mitleid hat. Zu sehen, dass es sich um starke Persönlichkeiten handelt, die witzig sind und viel auf die Reihe kriegen, das hat mir gefehlt. Deshalb wollte ich eine Reihe schreiben über ein afrikanisches Kind, das eben eine Identifikationsfigur sein kann. Dabei wollte ich nicht das Bild zerstören, dass man es in Afrika schwer hat, das sollen die Leser schon erfahren. Aber gleichzeitig will ich ihnen deutlich machen, dass Kinder wie Thabo ziemlich gut drauf und vielleicht gar nicht so anders sind.“ Starke kindliche Persönlichkeiten hat Kirsten Boie wohl erfunden, sowohl Thabo als auch Emma sind schlau und selbstbewusst, ebenso wie Thabos Freund Sifiso Lovejoy Madlopha.
Kirsten Boie versucht stellenweise auch das schwierige Verhältnis zwischen Einheimischen und Touristen bzw. auch unseren Blick auf den afrikanischen Kontinent kritisch zu hinterfragen. Dass Sifiso z.B. als armes Waisenkind in zerrissener Kleidung gern als klischeehaftes Afrikamotiv von Touristen fotografiert wird, macht ihn sehr wütend. Gern würde er den Touristen deshalb „auf die Fresse hauen“. Thabo versteht seinen Freund in diesem Moment, denn die Kinder wollen stolz sein auf ihr Königreich und nicht als arm und hilflos erlebt werden.
Wenn man bedenkt, dass diese Geschichte im südlichen Afrika spielt, fällt aber insgesamt auf, dass neben der Hauptfigur Thabo die zwei präsentesten Persönlichkeiten, Emma und ihre Großtante Agatha, britischer Herkunft und weiß sind. Emma wurde (vermutlich, direkt erzählt wird es nicht) in Hlatikulu geboren, erscheint aber aufgrund ihres familiären Hintergrunds eher britisch. Die Hautfarbe wird zwar jeweils nicht direkt bezeichnet, aber zumindest etwas älteren Leser:innen schnell bewusst. Menschen mit einheimischen Namen und damit anzunehmender Weise mit dunkler Hautfarbe werden bis auf Thabo und Sifiso relativ oft als dümmlich bzw. naiv dargestellt, so wie Onkel Vusi (Thabo: „Onkel Vusi hat ein gutes Gehirn, aber es ist nicht sehr schnell.“). Die Darstellung der heimischen Tierwelt wiederum begleitet die Handlung eher im Sinne eines Bildes vom "wilden Afrika" und spielt dabei mehr eine illustrierende bzw. stimmungsmäßige Rolle („Die Nacht gehört den wilden Tieren“), im Vordergrund steht der kriminalistische Plot.
Unabhängig von der Einordnung gesellschaftlicher Zustände funktioniert „Der Nashorn-Fall“ als Kinderkrimi sehr gut. Wir begleiten den Detektiv und seine Freunde in klassisch kriminalistischer Tradition beim Finden und Analysieren von Spuren (insbesondere spielen Schuhabdrücke im roten Sand der südafrikanischen Savanne eine wichtige Rolle), beim Spekulieren über mögliche Motive und der Verfolgung Verdächtiger. Erzählt wird die Geschichte dabei durchgehend in der Ich-Form durch die Hauptfigur Thabo selbst, was uns direkt hineinzieht in die Handlung. Durch viele direkte Ansprachen an die Zuhörer:innen, kurze Dialoge und das häufige Verwenden der Zeitform Perfekt gelingt eine mitreißende Erzählung.
Kirsten Boie gelingt es innerhalb der Ich-Perspektive der Hauptfigur zudem spannende Momente zu erschaffen, in denen der aufmerksame Zuhörer glaubt, etwas mehr zu ahnen als Thabo in diesem Moment bzw. Hinweise besser zu kombinieren. Erzählstil und spannende Wendungen erinnern damit in vielen Momenten an „Die drei ???“ oder „Die fünf Freunde“. Den Sprecher:innen des Hörspiels gelingt es zudem durch schnelles Atmen etc. eine sehr lebendige Stimmung zu erzeugen, dazu passend werden „traditionelle“ afrikanische Musik und Tiergeräusche eingespielt.
Beim Erwerb der CDs ist zu beachten, dass es zu den verschiedenen Bänden jeweils Ausgaben als Hörbuch (gelesen von einem einzelnen Sprecher) und als Hörspiel (mit mehreren Sprechern und Geräuschen) gibt. Zudem könnte man die CDs der Thabo-Reihe auf den ersten Blick leicht mit der "Thabo und Emma"-Reihe für Erstleser:innen verwechseln, da die Gestaltung der Cover sehr ähnlich ist.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von kbm; Landesstelle: Berlin.
Veröffentlicht am 01.04.2022

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