Nuris große Nummer
- Autor*in
- Obrecht, Bettina
- ISBN
- 978-3-423-64053-4
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Spee, Gitte
- Seitenanzahl
- 176
- Verlag
- Hanser
- Gattung
- Buch (gebunden)Erzählung/Roman
- Ort
- München
- Jahr
- 2019
- Lesealter
- 8-9 Jahre10-11 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 17,95 €
- Bewertung
Teaser
Vorhang auf für Nuri und den kleinen Zirkus „Krambamuli“! Nuri ist anders als seine Zirkusfamilie und gerade deshalb so sympathisch: Aus ihm scheint einfach kein echtes Zirkuskind zu werden. Doch ausgerechnet er ist es, der den Zirkus gemeinsam mit einer Bande von Kindern aus vielen verschiedenen Ländern aus seiner Krise führen möchte!
Beurteilungstext
Ein „moderner Zirkus muss keine wilden Tiere einsperren“! Es handelt sich bei diesem Werk um ein sehr aktuelles Zirkusbuch, das die Krisen unserer Lebenswelt nicht vernachlässigt. Auf eine ganz ungewöhnliche Weise wird der kleine Junge Nuri, der in seiner Zirkusfamilie zunächst eher ein wenig fehl am Platz zu sein scheint, ein richtiger Zirkusheld! Entgegen vielen Vorurteilen macht er den Zirkus zu einem „Streichelzirkus“, in dem nicht (was sich zuvor alle gewünscht haben) gefährliche und der freien Natur entrissene Tiger und Löwen dressiert werden, sondern kleine Schweinchen, Ratten, Hunde und andere kleine Tiere, die ihr großes Können, ja ihre wundersamen Kunststücke, unter Beweis stellen.
Die schlechten Zeiten, in denen sich gerade in der heutigen Lebenswelt der Zirkus befindet, werden im Roman nicht verschwiegen. Wir haben es also nicht mit einem ‚weltfremden‘ Zirkusbuch zu tun; auch wenn am Ende märchenhafte Elemente sicherlich dominieren und alles gut wird, da Hoffnungslosigkeit in einem Kinderbuch fehl am Platz ist. So sind die Schattenseiten auch deutlich präsent: Die Menschen bleiben aus und „[k]einer will darüber reden, wie es weitergehen soll in einer Zeit, in der den Menschen Fußball im Fernsehen wichtiger ist als ein richtiger, echter, ganz lebendiger Zirkus“ (S. 26).
Am Anfang ist die Geschichte etwas langatmig, es passiert wenig und eine traurige Stimmung wird verbreitet („wirklich alle [sind] traurig; S. 24). So stellt man sich ein Zirkusbuch für Kinder eigentlich gar nicht vor. Aber es ist eben auch kein konventionelles Buch über den Zirkus!
Die Autorin versteht es, im Laufe der Handlung kultur- und gesellschaftskritische sowie moralisch-ethische Dimensionen in ihr Werk einzuflechten, die an der einen oder anderen Stelle vielleicht allzu dominant sind. Sehr viele ‚sensible‘ bzw. problembewusste Themen werden in das Werk eingespeist: Armut, finanzielle Sorgen, Liebeskummer, kulturell-ethnische Vielfalt, Diebstahl, nicht-artgerechte Tierhaltung und Tierquälerei, das extensive Medienverhalten der Menschen, die keinen Zirkus mehr sehen wollen und Vorurteile in vielerlei Hinsicht – v.a. mit Blick auf Äußerlichkeiten, denn der ‚hässliche‘ Hund ist in Wirklichkeit ein wahrer „Glücksbringerhund“ (S. 145), oder hinsichtlich der Stigmatisierung von Zirkusartisten: „Das weiß man doch, dass die Leute vom Zirkus einem die Wäsche von der Leine klauen“ (S. 62).
Das Buch ist sehr vielschichtig angelegt. Es gibt viele Nebenhandlungen (einschließlich einer schönen Liebesgeschichte), ein großes Figurenarsenal und die Figurenkonzeption ist dynamisch sowie mehrdimensional ausgerichtet.
Aufgrund seiner inhaltlichen und erzähltechnischen Konzeption ist das Buch allerdings sicherlich erst für Kinder ab 10 Jahren geeignet. Fazit: Ein reflektiertes, durchaus lesenswertes Buch! Obrechts Werk regt zum Nachdenken an...
[njs]