Eintagsküken

Autor*in
Obrecht, Bettina
ISBN
978-3-570-22613-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
320
Verlag
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2017
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Franziska will anders sein als ihre erfolgreichen älteren Schwestern, die völlig dem Leistungsdenken ihrer Eltern entsprechen. Sie lehnt sich auf, zunächst leise, dann durch eigene Rap-Texte, die sie mit der Gitarre begleitet und ins Netz stellt. Und plötzlich steht ihr Leben auf dem Kopf.

Beurteilungstext

Franziska hat sich ausgeklinkt und ist bei ihrem Opa Paul auf Gran Canaria gelandet – ausgerechnet bei dem Mann, der beim Rest der Familie in Ungnade gefallen ist, weil er Hals über Kopf seine Firma Franziskas Vater übergeben, sich ein Anwesen im Süden gekauft hat und dort mit Luisa in das kleine Dorf Santa Catalina gezogen ist. Luisa stammt von der Insel, deshalb wird sie von Franziskas Familie als Bauernmädchen bezeichnet, das es nur auf Pauls Geld abgesehen hatte. Allmählich lernt Franziska die beiden kennen, wird vertraut mit ihnen und kann nachvollziehen, was den Großvater zum Ausstieg damals bewogen hat. Bewusst hat sie ihr Handy zuhause gelassen, sie braucht Zeit, um mit dem nötigen Abstand die letzten Wochen und Monate Revue passieren zu lassen und um eine Vorstellung zu gewinnen, wie ihre Zukunft aussehen soll. An diesem Rückblick darf der Leser teilhaben, so dass er sich nach und nach ein Bild von Franziska machen kann.
Die Protagonistin ist 16 Jahre alt, ihre Mutter vermehrt ihren Reichtum, indem sie Immobilien aus Scheidungsfällen aufkauft, ihr Vater „hat schon früh die Firma seines Vaters übernommen und vor dem Untergang gerettet.“ (S. 20), ihre Schwestern Carla und Fiona machen Karriere, die eine in ihrer Heimatstadt, die andere in den USA. Aber Franziska möchte ihre Zukunft anders gestalten, ihr Vorbild ist Alexander Supertramp, der aus der Zivilisation entfloh und sich völlig auf das minimal Notwendige beschränkte. Immer wieder fragt sich Franziska, wie er an ihrer Stelle handeln würde. Sie trägt schon lange den Gedanken, dass das, was ihr ihre Familie vorlebt, nicht das für sie Passende sein kann und muss. Ben, ein Junge an ihrer Schule, ist ihr Vorbild, aber auch ihre heimliche Liebe. Seine Aussagen werden für sie zum Maß für ‚richtig‘ oder ‚falsch‘. Eines Tages beginnt Fran ihre Gedanken in einen Rap-Song zu fassen, den sie als Video-Clip aufnimmt und ins Netz stellt. Die Begeisterung und Anzahl der Clicks, die sie erfährt, bestätigen Fran in ihrem Glauben, dass sie mittels ihrer Lieder und ihrer Auftritte ‚die Welt verändern könne. Wenige Tage nach ihrer ersten Aufnahme lernt sie Stummel kennen, eine großgewachsene Jugendliche, die mit ihrer Clique auf der Straße lebt. Stummel fasziniert sie, sie nähern sich an, Franziska entdeckt durch Zufall, dass Stummel aus reichem Hause kommt und ihr Vater eine Anwaltskanzlei hat. Aber Stummel, die eigentlich Maja heißt, ist von zuhause weggelaufen und will dorthin nie mehr zurückkehren, obwohl sie ein Kind erwartet. Franziska erlebt ein Wechselbad der Gefühle – den Erfolg im Netz, den Leistungseinbruch in der Schule, die wachsende Beziehung zu Stummel, die Enttäuschung durch Bens Liebe zu einer Anderen. Auf der Höhe des künstlerischen Erfolgs bricht sie ab und auf in eine andere Welt – zu ihrem Großvater auf die Insel.
Über mehr als 300 Seiten hinweg stellt die Autorin die Selbstsuche und die Entwicklung einer Sechzehnjährigen dar, die aussteigen will aus ihrem goldenen Käfig und die Musik und Sprache als Ventil und Sprachrohr nutzt. Auch wenn sich Franziska immer wieder die Einsamkeit ihres Idols, Alexander Supertramp, vor Augen ruft, so stellt ihr Schritt in die Netzöffentlichkeit diese Vorbildfunktion in Frage. Mit kritischem und ehrlichem Blick begleitet die Autorin ihre Protagonistin auf verschiedenen Wegen, die sich für Fran wiederholt als Sackgassen herausstellen – was junge Menschen diesen Alters auch in der Realität erfahren. Am Ende der Geschichte hat Franziska erkannt, welche ihrer Luftschlösser realisierbar sind und welche nicht. Viele jugendliche Leser werden sich mit der Protagonistin identifizieren und deren Wünsche als die eigenen erkennen. Daher ist das Buch aktuell in seiner Thematik bzw. Botschaft, es bietet keine Globallösungen an, eher die Aufforderung, individuelle Wege – vielleicht auch in sich selbst - zu suchen und auszuprobieeren – und mögen sie manchmal steinig sein.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Veröffentlicht am 22.02.2018

Weitere Rezensionen zu Büchern von Obrecht, Bettina

Obrecht, Bettina

Grompel Mission Kaktus

Weiterlesen
Obrecht, Bettina

Dann gehe ich jetzt, sagte die Zeit

Weiterlesen
Obrecht, Bettina

Nuris große Nummer

Weiterlesen
Obrecht, Bettina

P.F.O.T.E - Ein Ohr für alle Fälle

Weiterlesen
Obrecht, Bettina

P.F.O.T.E. - Ein Ohr für alle Fälle

Weiterlesen
Obrecht, Bettina

P.F.O.T.E. Ein Ohr für alle Fälle

Weiterlesen