Hinter Glas

Autor*in
Rabinowich, Julya
ISBN
978-3-446-26218-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
192
Verlag
Hanser
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2019
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Alice lebt in einem Elternhaus, das von Angst und Gewalt bestimmt ist. Ihre Eltern lassen sich von ihrem tyrannischen Großvater bestimmen. In der Schule wird sie gemobbt, auch weil sie ständig krank ist. Sie verliebt sich in Niko, der sie als erster so akzeptiert, wie sie ist. Sie folgt ihm, doch bald erkennt sie, dass auch diese Beziehung von Gewalt geprägt ist. Nur mit Mühe schafft sie es, ihn zu verlassen und auch ihre Eltern zu einem neuen Leben zu bewegen.

Beurteilungstext

Julya Rabinowich hat schon zwei Jugendromane geschrieben, besonders hervorgestochen hat "Dazwischen ich" über das Leben eines geflüchteten syrischen Mädchens. Mit "Hinter Glas" legt sie eine Auseinandersetzung mit einer ziemlichen speziellen Familie vor: Mutter und Vater werden von dem Großvater tyrannisiert, der sie mit seinem Geld aushält, aber auch unter Druck setzt. Keiner wagt gegen ihn zu rebellieren. Alice reagiert auf diese Familiensituation mit psychosomatischen Störungen und in der Schule wird sie wegen ihrer häufigen Krankheiten abgelehnt. Der erste, der sich ihr zuwendet, ist Niko, ein ziemlich unkonventioneller Junge, der neu in ihre Klasse gekommen ist. Als ihr von ihrer Familie der Kontakt mit ihm verboten werden soll, flieht sie mit ihm, verlässt die Schule und lebt von nun an – völlig auf ihn angewiesen – bei dubiosen Freunden. Mehr und mehr merkt sie, dass aber auch Niko zu extremem Verhalten neigt, dass sie sich eigentlich nie auf ihn verlassen kann. Als er sie eines Tages schlägt, flieht sie zu ihrem Philosophielehrer und schafft es schließlich, ihre Eltern zu überzeugen, die Villa neben dem Großvater zu verlassen. Dieser Schluss ist nicht sehr schlüssig, man nimmt der Autorin das Happy-End nicht wirklich ab. Überhaupt ist die krude Beschreibung der merkwürdigen Familiengeschichte etwas merkwürdig, auch wenn man sie auf gewalthaltige Verhältnisse in anderen Elternhäusern übertragen kann. Spannend ist dagegen, wie hier die Illusion von der großen Liebe in Frage gestellt wird und die Emanzipation von Alice gegen ihre eigenen Unterwerfungsbedürfnisse überzeugt.
Etwas bemüht wirkte der Bezug zu der Metapher des Spiegels: Ausgehend von einem Spiegel, den Alice zu Beginn des Romans fallen gelassen hat, findet sich dieses Motiv durchgängig: Die Kapitel werden nach Spiegelscherben geordnet erzählt, die Alice sich nach und nach zusammensetzt, um sich über ihre Vergangenheit bewusst zu werden. Außerdem wird damit intertextuell auf "Alice im Wunderland", dem "Mädchen hinter den Spiegeln" angesprochen und natürlich ist das Glas auch eine Metapher dafür, wie Alice hinter einer Glasschicht vom normalen Leben abgeschirmt wurde, zu dem sie erst findet, als sie dieses Glas zerstört. Alles das ist nachvollziehbar, aber doch auch sehr konstruiert. Noch störender sind aber die kursiv gedruckten Einschübe in der 3.Person, die das ansonsten in der Ich-Perspektive Erzählte auf eine andere Ebene holen sollen: Hier spricht eine andere Person sie an, verknüpft ihre poetisch formulierten Reflexionen mit dem ansonsten chronologisch Wiedergegebenen: "Ich kenne sie so gut, wie sie sich niemals kennen wird. Aber sie weiß nichts von mir. Und ich werde weiter warten, bis wir vielleicht eines Tages wieder zueinanderfinden. Ich habe ja Zeit.” (S.23) Handelt es sich um Alice, die sich selbst in der Vergangenheit anspricht? Natürlich kann man diese Stilmittel als Versuch sehen, dem Roman eine poetische Ebene zu geben, aber das Ganze wirkt nicht wirklich überzeugend.
Insgesamt ist der Roman im Vergleich zu dem überragenden letzten Buch von Rabinowich eher eine Enttäuschung.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von RPAK; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 26.03.2019

Weitere Rezensionen zu Büchern von Rabinowich, Julya

Rabinowich, Julya

Dazwischen: Wir

Weiterlesen
Rabinowich, Julya

Dazwischen: Wir

Weiterlesen
Rabinowich, Julya

Dazwischen wir

Weiterlesen
Rabinowich, Julya

Hinter Glas

Weiterlesen
Rabinowich, Julya

Hinter Glas

Weiterlesen
Rabinowich, Julya

Hinter Glas

Weiterlesen