Es gibt Dinge, die kann man nicht erzählen

Autor*in
Boie, Kirsten
ISBN
978-3-7891-2019-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kehn, Regina
Seitenanzahl
112
Verlag
Oetinger
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2013
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Kirsten Boie, die eine Organisation für Aids-Waisen in Swasiland unterstützt, hat aus Begegnungen bei ihren Reisen in das kleine südafrikanische Land vier erschütternde Erzählungen entwickelt.

Beurteilungstext

Thulani lebt mit seiner Großmutter und seiner kleinen Schwester in einer armseligen Hütte, und seit seine Eltern gestorben sind, geht er nicht mehr zur Schule, denn er muss sich ja um die Versorgung der kleinen Restfamilie kümmern, und Schulgeld kann er sowieso nicht mehr bezahlen. Thulanis Traum ist, von weißen Fußball-Talentscouts entdeckt zu werden, aber seine Realität besteht aus der mühseligen Arbeit, der Unsicherheit, ob er selber irgendwann Aids bekommen wird und kleinen Pausen, in denen er mit anderen Jungen mit einem aus einer alten Tüte gemachten Ball Fußball spielt. Eines Tages geht er bis zu einem Kinderdorf, von dem er gehört hat, denn vielleicht wäre das ein Platz für seine Schwester und ihn. Doch als er von einer Frau hört, dass es viel zu wenige dieser Dörfer gibt, um all die Waisen aufzunehmen, ist er fast erleichtert, denn was würde aus seiner Gugu, seiner Großmutter werden, wenn sie sie alleine ließen?
Alle vier Geschichten erzählen vom sorgenvollen Alltag, aber auch von einem besonderen Ereignis. Ein ältestes Geschwisterkind macht sich, wie Thulani in der ersten Erzählung, auf den Weg, um für sich und die Geschwister nach einer möglichen Verbesserung zu suchen: Sonto geht mit ihrer Schwester Pholile auf den langen Weg zu einer Krankenstation, um dort, wie sie der Mutter auf dem Sterbebett versprochen hat, untersuchen zu lassen, ob sie bereits HIV-infiziert sind. Lungile geht in die nächste Stadt, um dort Matten zu verkaufen und vom Erlös Schulschuhe für die kleine Schwester zu kaufen. Doch niemand will ihre Matten kaufen, und so geht sie schließlich auf den Kinder-Straßenstrich - im Wissen darum, dass sie sich nicht nur seelisch dadurch Schaden zufügt, sondern auch der Aids-Gefahr aussetzt, aber sie sieht keinen anderen Weg. Sipho hat in einem Streit mit der Großmutter typisch kindlich reagiert: Er hat kein Wasser geholt, obwohl sie ihm dies aufgetragen hat, und im Streit ist das offene Kochfeuer aufgelodert, auf die Gugu übergesprungen und hat sie und eine Schwester schwer verletzt. Sipho macht sich furchtbare Vorwürfe, aber er hat doch nur wie ein Kind reagiert. Diese Kinder müssen viel zu früh viel zu erwachsen und verantwortungsbewusst handeln.
Kirsten Boie erzählt im ihr eigenen Stil: Direkt, ohne Beschönigungen, aus einer meist kindlich gehaltenen Perspektive. Auf den ersten Blick berichtet sie ohne Kommentare oder Bewertungen vom Geschehen, aber durch Aussagen wie ""Kinder dürfen nicht arbeiten im Land, der König will das nicht, dass Kinder arbeiten in seinem Land (…) Kinder sollen zur Schule gehen."" (S. 65), ""Der Lehrer hat recht. Barfuß kann man nicht in die Schule gehen…"" (S. 73) oder ""…der König will nicht, dass sich Menschen verkaufen in seinem Land."" (S. 84) bringt sie zum Ausdruck, wie verlogen und unverantwortlich die Regierung sich hier verhält.
Trotz allem schwingt Hoffnung mit in diesen Geschichten. Alle haben ein offenes Ende, und alle erzählen von Kindern, die in ihrem engen Spielraum Initiative ergreifen und sich verantwortlich verhalten für ihre Geschwister. In ihrem Nachwort macht die Autorin deutlich, dass diese Geschichten zwar nicht die wirklichen Namen der Kinder im Swasiland nennen, die sie kennengelernt hat, aber alle auf wirklichen Figuren und Erlebnissen beruhen: ""Wenn die Geschichten traurig sind, kann ich es darum nicht ändern. Trauriger als die Wirklichkeit sind sie nicht."" (S. 112)

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gst.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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