Entführung mit Jagdleopard

Autor*in
Boie, Kirsten
ISBN
978-3-7891-2023-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Opel-Götz, Susann
Seitenanzahl
320
Verlag
Oetinger
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2015
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 10jährige Jamie-Lee hat ein Herz aus Gold, allerdings ausgesprochen schlechte Lebensverhältnisse. Trotz oder auch gerade wegen dieser prekären Verhältnisse gerät sie in eine Abenteuergeschichte, die zwar von ihr angestoßen wird, die ihr aber bald über den Kopf wächst – und an deren Ende eine ganze Reihe wunderbarer Entwicklung steht. Fast zu schön, um wahr zu sein.

Beurteilungstext

Jamie-Lees Mutter ist alkoholkrank. Ihre Oma weist sie in die Entzugsklinik ein und überlässt die Kinder (Jamie-Lee und ihren 15jährigen Bruder Baron Chuck) sich selbst, um mit ihrem neuen Freund nach Polen zu fahren. Jamie-Lee versucht ihre Welt zu organisieren und tut das auch nach bestem Wissen und Gewissen, aber auch völlig überfordert von ihren eigenen Problemen und den Problemen anderer. Als dann die Milliardärstochter Fee bei ihnen unterschlüpft, die von zuhause ausgerissen ist und auch der verkrachte ehemalige Arzt und Obdachlose Herr Doktor von Wildeck mit seinem altersschwachen Jagdleoparden aus dem Zirkus, und als Chucky zu allem Überfluss den alten VW-Bus eines Dichters klaut, der an seiner Schule zu einer Lesung war, nimmt das Abenteuer zunehmend Fahrt auf. Die Richtung kann eigentlich nur in Richtung Abgrund und Katastrophe weisen, doch schaffen es die Protagonisten, indem sie menschlich und nicht immer vernünftig (re)agieren, den Entwicklungen eine zunehmend hoffnungsfrohe Richtung zu geben.
Die trostlose Anfangsszenerie überfordert anfangs sowohl die Protagonisten als die Leser von Kirsten Boises neuem Buch. Die Autorin geht mit der bedrückenden Szene allerdings offensiv um. Sie überzeichnet humoristisch die katastrophalen Verhältnisse der beiden Kinder und überspitzt auch das idealistische Ende, in dem sogar die Mutter der beiden eine ganz herausgehobene Rolle erhält. Realistisch ist das nicht, aber gerade die grotesken Figuren – bis hin zum zahmen Jagdleoparden – und ihre Gutmütigkeit – so verzichtet Jamie-Lee nicht nur einmal auf das Essen, um Kröger, dem Jagdleoparden, sein Futter zu ermöglichen – machen die besondere Herzlichkeit des Buches aus. Weiterhin bringt Kirsten Boie in dem Roman ganz unterschiedliche Menschen zusammen. Die gescheiterten Erwachsenen begegnen Kindern, die aus prekären Verhältnissen stammen oder aber der reichen Elite angehören. Sie alle haben die gleichen Probleme und Geld macht dabei sicherlich nicht glücklich. Relativ normal ist das am ehesten Ebru, die türkische Freundin von Jamie-Lee.
Auch sprachlich fällt das Buch auf. Aus der Perspektive von Jamie-Lee erzählt, gebraucht es einen Duktus, der gleichsam erzählend, als auch typisch mündlich ist, keinesfalls als flüssige Sprache funktioniert und sehr bewusst auch unterschiedliche Stilebenen zusammenbringt. Damit schafft das Buch auch interessante Anlässe, um Sprachbewusstheit zu ermöglichen.
Kirsten Boie legt einen neuen Beweis für die Wirkkraft des komischen Familienromans vor. Das Buch zeigt genaue Beobachtungen, die aber eher leichtfüßig und humorvoll überzeichnet verarbeitet werden. Die Handlung hat eine ungemein hohe Frequenz und wird auf 330 Seiten nie langweilig. Bei aller Realitätsferne und bei allem Idealismus ist es ein Buch über eine Kindheit, wie sie vielleicht sein könnte oder werden sollte. Damit stellt sich Kirsten Boie auch in die Tradition bekannter deutscher Romanciers, wie z.B. Erich Kästner. Das Buch ist ein beeindruckendes Werk und nachdrücklich zu empfehlen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von mr; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 25.02.2016

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