Die Nacht des Elefanten
- Autor*in
- Baltscheit, Martin
- ISBN
- 978-3-95939-038-5
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Sieg, katharina
- Seitenanzahl
- 56
- Verlag
- Bohem Press
- Gattung
- BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
- Ort
- Münster
- Jahr
- 2016
- Preis
- 18,95 €
- Bewertung
Teaser
Ein Elefant, der nachts nicht schlafen kann und mit seiner Unrast Schaden anrichtet? Ja, das ist eine Geschichte wert. Aber noch viel wertvoller sind in diesem Buch die leuchtenden Illustrationen von Katharina Sieg.
Beurteilungstext
Die Geschichte an sich ist wenig überraschend. Ein selbstbewusster Elefant, immerhin das größte Tier im Wald, bekommt nachts Angst, so viel Angst, dass sich seine Beine selbstständig machen und mit ihm davonlaufen und eine Schneise der Zerstörung hinterlassen. Am Tag kann sich der Elefant anscheinend nicht daran erinnern, was er in der Nacht gemacht hat. Und so fragen sich alle Tiere, wer oder was die Schneise in den Wald geschlagen hat, was in den Teich gefallen sein könnte, der ausgetrocknet daliegt, wer den Porzellanladen zerstört hat. In der vierten Nacht suchen alle Tiere beim starken Elefanten Schutz - und da ist der Elefant so damit beschäftigt, Fragen zu stellen - "Was ist das?", "Wer ist da?", "Was willst du von mir?" - und den Antworten zu lauschen, dass er keine Angst bekommt, aber eben auch wieder nicht schlafen kann. Und so döst er am nächsten Tag, ja, schläft ein, sodass er gar nicht merkt, dass sich eine Elefantendame an ihn schmiegt und er in aller Seligkeit und Zweisamkeit bis zum nächsten Morgen durchschläft.
Der Plot ist insgesamt nicht besonders aufregend, aber gut erzählt, denn Baltscheit formuliert nicht immer in einfachen Sätzen - es gibt Inversionen ("Ohne zu wissen wohin, ohne zu wissen warum, laufen die Beine des Elefanten."), Verschachtelungen, anspruchsvolle Wörter ("Wipfel", "Meteor")sowie Sprachspiele. Und doch ist die Sprache so, dass sie Kindern Spaß macht.
Überwältigend sind die Bilder. Katharina Sieg hat sie weitgehend aus Transparent- und Seidenpapier an einem Leuchttisch geschaffen. Das wird insbesondere in den Nachtbildern eindrucksvoll, wenn auf durchgehend schwarzem Untergrund die Farben entgegenleuchten. Es sind Bilder, die Raum für eigenes Sehen lassen, denn sie zeigen die Innenwelt des Elefanten, das Unheimliche, Unbestimmte, vor dem er sich fürchtet. Man entdeckt Augen, Zahnreihen, Schlangenkörper, Höllenfeuer - was auch immer wir als Betrachtende sehen (wollen). Anders sind die Tagbilder, die auf weißem Grund gestaltet sind. Zwar sind auch hier die Tiere auf wesentliche Formen reduziert, aber gut erkennbar. Mit viel Liebe und einer unglaublichen Vielfalt wird der Wald gestaltet, mal grün, mal herbstlich gelb-rot. Der Elefant ist tagsüber sehr groß - im Vergleich zu anderen Tieren und Bäumen - aber nachts, da ist er klein und wirkt verloren.
Die Bilder sind nicht nur kunstvolles oder schmückendes Beiwerk, sondern Träger der Handlung, sie sind ausdrucksstärker als der Text und ergänzen ihn durch zahlreiche Nebenepisoden. Rührend sind die Tiere anzusehen, wie sie den Elefanten überreden, dass er nachts auf sie aufpasst. Und ein ganz besonderes Bonbon gibt es am Ende, denn textlos wird die Geschichte des Elefanten mit der gelben Elefantendame weitererzählt: Eine Doppelseite, eine aufklappbare Quadrupelseite, auf der pluriszenisch erzählt wird und eine Schlussseite mit einem lila Elefantenbaby - da geht das Herz auf!
So gelingt eine Gesamtkomposition, die Kindern und vorlesenden Erwachsenen sicher viel Vergnügen bereitet und geradezu dazu einlädt, auch in Kita oder Schule mit dem Buch zu arbeiten.
Christoph Jantzen, AJuM Hamburg