Die lange Reise des Jakob Stern

Autor*in
Schröder, Rainer M.
ISBN
978-3-570-12645-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
346
Verlag
Bertelsmann
Gattung
Ort
München
Jahr
2003
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Jakob, 15 Jahre alt, erlebt Entwürdigung, Verhaftung, Pogrome der entfesselten Nazis in Deutschland. Um jedenfalls sein Leben zu retten, verschafft ihm seine Mutter 1939 einen Platz in einem englischen Kindertransport. Jakob kann so fliehen, was ihn erwartet ist aber keineswegs ein freies Leben in einem demokratischen Land, sondern - verschärft durch das Auslösen des Zweiten Weltkrieges durch die deutschen Truppen - Diskriminierung, Internierung und miserable Versorgung in englischen Lagern. Man macht keinen Unterschied zwischen religiösen und nicht religiösen Juden, was das Essen angeht; man interniert Juden gemeinsam mit deutschen, kriegsgefangenen Soldaten; man will zwar helfen, aber schließlich überwiegt der Verdacht, alle Deutschen seien Mitglieder von Hitlers “Fünfter Kolonne”, bereit, im “verfeindeten England” auf Kommando der Nazis Terroranschläge zu begehen. Auch in der englischen Schule gibt es eine Judenbank, auch englische Soldaten plündern die raren Besitztümer der Flüchtlinge, missachten ihre Menschenwürde.
Schließlich werden sie unter schrecklichen Bedingungen nach Australien transportiert - hier treffen sie zwar wiederum auf ein Lager in der Einöde, aber immerhin auf freundliche Soldaten und eine Situation, in der sie überleben können.

Beurteilungstext

Die Hauptpersonen der Erzählung sind Jungen, die aufgrund ihres Alters und Entwicklung zur Identifikation einladen. Ihre Verlassenheit, ihr Bemühen um Überleben unter extremen Bedingungen weckt das Mitgefühl der LeserInnen. Auch unter diesen Lebensbedingungen gibt es Hilfsbereitschaft , sogar Liebe unter den Gefangenen.
Der Unterschied zu Konzentrationslagern ist trotz Stacheldraht, Bewachung mit Gewehren, schlechter hygienischer Versorgung und nicht ausreichendem Essen dennoch deutlich. Schröder weist darauf hin, dass nicht alle Engländer bereit sind, die jüdischen Kinder als billige Arbeitskräfte auszubeuten, sondern manche aus Nächstenliebe handeln. Dennoch ist es gespenstisch zu sehen, wie hier zwar Leben gerettet, nicht aber Menschenwürde gewahrt wird. Und dies erinnert daran, dass heutige Flüchtlinge, Asylanten, ganz in unserer Nähe ähnlich behandelt werden, auch hier und heute Kinder ohne Eltern aus Kriegsgebieten leben und keineswegs auf freundliche Aufnahme und Trost rechnen können.
Die jüdischen Flüchtlinge werden nur geduldet, selbst die Ausreise nach Israel wird behindert, da Israel englisches Protektionsgebiet ist. Dass deutsche Täter und Opfer in einem Lager untergebracht werden, scheint unvorstellbar. Während die Kriegsgefangenen jedenfalls geschützt sind durch die Genfer Konvention, sind die jüdischen Flüchtlinge ungeschützt. Der Gefahr des Heroisierens begegnet Schröder durch “Gegenfiguren” wie den lebenspraktischen “Wolle”, die wohl verhindern sollen, dass hier jüdische Deutsche ausschließlich als integre Personen dargestellt werden - es gibt eben auch geschäftstüchtige, egoistische, religiös extreme Mitglieder der Gruppe. Das wirkt etwas gekünstelt.
Insgesamt ist das Buch aufklärend und aufschreckend und ergänzt das Wissen Jugendlicher über einen weiteren Aspekt deutscher Geschichte. Die Person “Jakob Stern” ist zwar fiktiv, aber bis zu ihrem späteren Leben in Israel und der dortigen Fortsetzung der Geschichte der Bedrohung eingebettet in reales Geschehen. So ist sie eine spannende historische Erzählung und ein gutes Beispiel für Aufklärung.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von MLR.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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