Die Elefantenwahrheit

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Teaser

In dem mehrdimensionalen Bilderbuch stehen fünf blinde Wissenschaftler, reine Kopfmenschen, vor dem Problem, etwas Konkretes zu tun: sich aus dem Schatten zu bewegen. Statt dessen aber diskutieren sie sich die Köpfe über die Ursache der plötzlichen Kühle heiß, vertreten abenteuerliche Theorien und kommen nicht auf das nahe Liegende. Die CD dazu bietet den Text, erweitert um hörenswerte Chansons und das Gelächter und den Streit der Kindmänner. Die Bilder verbreiten entsprechenden Frohsinn.

Beurteilungstext

1. Dimension, die Story.
Man mag diese absurde Handlung als Wissenschafts-feindlich abtun, trifft dann aber nicht den Kern der Aussage. Zu oft geschieht es (nicht nur Kopfmenschen), mit der Erklärung eines einfachen Phänomens auf dem Holzwege zu sein. Hier ist der Betrachter schlauer als die fünf Helden: er sieht sich die Bilder an und weiß sofort: Denen steht ein Elefant im Wege. Elefanten stehen aber eigentlich nicht immer einfach so in der Sonne, folglich ist das eine komische Situation. Ebenso alles, was sich aus der Fehlinterpretation - die fünf Maulhelden sind eben blind - ergibt.
Der knappe Text ist nüchtern, die Äußerungen der Wissenschaftler farbig abgesetzt - und der Lautstärke entsprechend groß.
Als dem Elefanten die Debatte gar zu laut (um nicht zu sagen: gar zu blöd) wird, geht er einfach weg. Hinterher kommt sein Zirkusdirektor, der ihn sucht und den Blinden genau so beschreibt, wie sie ihn definierten. Aber da jeder sich über die Theorien der anderen Vier so erregten, wollen sie noch nicht einmal jetzt erkennen, was ihnen die Sonne entzog: “Ein Elefant! Ist hier nicht durchgekommen.”

2. Dimension, das BILDERbuch.
Das Ganze ist ein Theater: auf dem Vorsatz (zwei quergelegte DIN A 4 - Seiten breit) ist der Vorhang nach dem Auftritt geschlossen und der Elefant öffnet den Vorhangspalt, um ins Dunkle zu gehen. Das letzte Vorblatt zeigt den völlig geschlossenen Vorhang, das Publikum hat etliche Blumen auf die Bühne geworfen. Dazwischen die Handlung. Fünf mittelalterliche Wissenschaftler, alle mit der dunklen Blindenbrille und überdimensionierten Köpfen räkeln sich, schön von einander isoliert, in ihren Liegestühlen, dabei ist keiner untätig. Gleich danach erscheint, wie im Folgenden auch, die erste Theorie mit Schaubild und Experimentzeichnung, kindgerecht, einfach und so klar wie die Aussage der Fünf: WAS DIE SONNE BESCHEINT WIRD WARM, WENN KEIN KALTER WIND WEHT. Ähnlich erhellend sind auch alle weiteren Thesen.
Darein bricht der Elefant, dermaßen groß, dass nur ein winziger Ausschnitt von ihm zu sehen ist, kein Wunder, dass den Herren die Sonne nicht mehr scheint. Erstaunt blicken sie blind nach oben: Gleiche Interessen, als Blockbild neben- & hintereinander gestaffelt.
Die Theorienschaubilder der folgenden Handlung sind immer schöner, der Höhepunkt aber sind die Bilder des Streites, als alle Theoretiker mit ihren Theorien gespickt werden und der Elefant, der als Monster erscheint in der Definition des Zirkusdirektors.
Zum Abschluss folgt die Adaption des Brueghel-Bilds der Blinden und Lahmen mit unseren fünf Helden.

3. Dimension, die CD als Bilderbucherweiterung.
Natürlich wird auch der Bilderbuchtext mit einer melodischen, klaren Stimme vorgelesen. Aber das ist nur der kleinere Teil der CD. Das Hörbuch wird ergänzt durch erstaunlich gute Chansons, sowohl textlich als auch interpretatorisch, sowohl der Stimmen als auch der Instrumentierung, weit über dem Niveau, das man (ich natürlich, sonst noch wer?) Kinderbuchvertonungen zutrauen würde. Nichts von dem Gesäusel, das mir immer auf die Nerven geht und das mich beim Auswählen dieses Buches trotz der fantastisch-humorvollen Bilder zögern ließ. Diese CD wird auch im Kinderzimmer bald ein Eigenleben führen (vielleicht auch im Eltern-CD-Spieler verschollen sein) und bleibt doch haften: so bleiben Text, Bilderbuch und Hörbuch in Erinnerung.
Leider habe ich keinerlei Informationen zu dieser außergewöhnlich guten CD im Buch gefunden. Schade.