Dazwischen: Ich

Autor*in
Rabinowich, Julya
ISBN
978-3-446-25306-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
255
Verlag
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2016
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Die 15jährige Madina lebt mit ihrer Familie seit anderthalb Jahren in einem Flüchtlingsheim. Sie warten auf die behördliche Nachricht, bleiben zu dürfen. Madina selbst schildert ihren Alltag im Heim, ihre Erlebnisse mit ihrer Freundin Laura und die Erfahrungen in der Schule und bei Behördengängen. An der Schwelle zum Erwachsenwerden und als Mädchen leidet sie besonders an den kulturellen Unterschieden zwischen ihrem Herkunftsland und dem westlichen Land, in dem die Familie leben möchte.

Beurteilungstext

Aus welchem zerstörten, kriegführenden Land Madinas Familie geflüchtet ist, wird nicht bekannt. Dass aber sie, ihre Eltern und besonders die Tante Amina durch die erlebten Schrecken traumatisiert sind, wird sehr deutlich. Nur der kleine Bruder Rami entwickelt sich zu einem aufgeweckten, frechen Lausbuben, denn er hat kaum Erinnerungen an die Heimat. Für Madina ist der Siebenjährige „die Pest“, auch, weil die Eltern ihm alles nachsehen. Madina schreibt ihre Erlebnisse und ihre Empfindungen in ihrem Tagebuch nieder. Auch nimmt sie die Lesenden mit in ihre Traumwelt, in den Zauberwald, wohin sie flüchtet, wenn die Wirklichkeit gar zu unerträglich für sie wird. So wird sie zu einer großartigen Ich-Erzählerin. An ihrer teils schnoddrigen Schulmädchen-Sprache merkt man, dass sie durch die Schule und die Freundschaft zu Laura bereits in der neuen Heimat „angekommen“ ist. Hier sieht sie ihre Zukunft. Sie benutzt kurze, prägnante Sätze, die aber sehr aussagekräftig sind und jede Gefühlslage beschreiben. Sie ist die einzige in der Familie, die die Sprache des Gastlandes beherrscht, denn sie besucht die Schule und findet in einer liebevollen Lehrerin und besonders in ihrer Freundin Laura und deren Mutter sehr viel Hilfe, Förderung und Verständnis. Als Dolmetscherin der Familie muss sie den Vater bei allen Behördengängen begleiten. In ihren Tagebuchaufzeichnungen gibt sie ihren Gefühlen freien Lauf: über das Unwissen der Sachbearbeiter, über die Schikanen der Heimleiterin, über die stinkenden Toiletten, über die Tante, die so lange das einzige Bad auf dem Stockwerk blockiert, über den Vater, der sich weigert die neue Sprache zu lernen und sich der westlichen Kultur anzupassen. Die vierköpfige Familie und die Tante müssen in einem Zimmer leben. Kein Wunder, dass bei der räumlichen Enge die familiären Streitereien zunehmen. Tante Amina hat sich völlig in sich zurückgezogen, sie starrt schweigend durchs Fenster und pflegt keine Kontakte. Madina ahnt, dass ihr und ihrem (verstorbenen?) Mann durch die Familie ein schlimmes Unrecht zugefügt wurde. Unerträglich wird die Lage für Madina, als sie bei Laura übernachtet hat und Madinas Eltern nicht informiert worden waren. Madinas Vater läuft förmlich Amok, als er seine Tochter vor der Schule abfängt und sie grausam prügelt. Als von der Großmutter schlimme Nachrichten aus der Heimat kommen mit dem Appell an das „Familienoberhaupt“, nach Hause zurückzukehren, um seinen jüngeren Bruder zu retten, obsiegt die kulturelle Tradition. Der Vater wird wieder in die alte Heimat gehen, obwohl dies seinen sicheren Tod bedeuten kann. Nun liegt es an Madina, für die Restfamilie ein Bleiberecht zu erstreiten, denn für sie kann es keine Rückkehr mehr geben, zumal sich ihre erste kleine Liebe anbahnt. Die Tante wird wohl ihr Geheimnis preisgeben müssen. Die ganze Erzählung nimmt die Lesenden von Anfang an gefangen. Die Autorin versteht es meisterlich, ihre junge Heldin als Vorbild für ein selbstbestimmtes Leben zu zeichnen. Sie weckt außerdem Verständnis für das kulturelle Erbe, das viele Flüchtlinge wie einen Klotz am Bein mit sich in die künftige Heimat schleppen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gem; Landesstelle: Baden-Württemberg.
Veröffentlicht am 03.09.2018

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