Das Schiff im Baum

Autor*in
Richter, Jutta
ISBN
978-3-423-62584-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
124
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2014
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
7,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Katharina und Ole sollen die Sommerferien in Betenbüttel bei der alten Tante Polly und ihrem Mann Onkel Fiete verbringen, weil ihre Mutter zur Kur muss. Die Beiden wissen nicht, wie sie es ohne Fernseher, Computer und Handyempfang auf dem platten Land aushalten sollen. Aber dann fangen sie an, sich auf das Landleben einzulassen. Im Kirschbaum bauen sie ein Baumschiff und Onkel Fiete, der einst ein Seemann war, erzählt ihnen die spannende, gruselig-schöne Geschichte von Moby Dick.

Beurteilungstext

Die Situation ist gut vorstellbar: Katharina und Ole sitzen mit ihrer Mutter schlecht gelaunt im Auto, um zu den alten Verwandten nach Friesland aufs Land zu fahren. Drei Wochen Sommerferien in Betenbüttel liegen vor ihnen, ohne Computer, ohne DVD-Player, ohne Schwimmbad ....
Während die Mutter in Erinnerungen schwelgt, denn sie war als Kind immer sehr gerne dort (“Ich werd verrückt! Das ist ja alles noch genau wie früher!”), wird die Stimmung auf der Rückbank nicht besser.

Das Ankommen der Gäste bei Tante Polly und Onkel Fiete wird langsam, einfühlsam und nachvollziehbar erzählt: Tante Polly in der Küche beim Kochen von Erdbeermarmelade, ihr Zwiegespräch mit dem Kater Huckleberry, der kauzige Onkel Fiete mit Seemannskappe an der Bushaltestelle, das reetgedeckte Häuschen mit blauen Fensterläden, neben der Tür eine blaue Gartenbank, ein riesiger Walnussbaum daneben .... Tante Polly mit Spitzenkragen stößt einen Freudenschrei aus, reißt die Tür auf und läuft ihren Gästen mit weit ausgebreiteten Armen entgegen.

Im Gegensatz dazu steht Oles Sprache (Oberpeinlich! Megakrass!), die nicht so recht zum Erzählstil passt und aufgesetzt wirkt. Darauf hätte die Autorin verzichten können. Auch ohne diese Ausdrücke wird deutlich, wie fremd Katharina und Ole die Welt in Betenbüttel ist. Zudem ist Jugendsprache einem schnellen Wandel unterworfen und Literatur kann auf diese Weise schnell an Aktualität verlieren.

Leider wird das poetische Erzählen vom Anfang nicht durchgehend fortgesetzt. Die Geschichte entwickelt sich zu schnell. Plötzlich kommt Ole die Idee, im Kirschbaum ein Baumschiff zu bauen. Das wird dann ohne Probleme in die Tat umgesetzt. Und eine noch unbenutzte Mundharmonika, auf der Ole (von Onkel Fiete angeleitet) spielen kann, wird auch schnell gefunden....

Onkel Fiete ist ein grantiger, launiger alter Seebär, der sich durch die Ankunft der Kinder zunächst gestört fühlt. Alles, was seine Ruhe und seine Gewohnheiten durcheinanderbringt, mag er nicht. Aber es gibt viele Situationen, in denen er sich annähert und einen Zugang zu Katharina und Ole findet. Das Thema Altersdemenz und Fragen nach Leben, Sterben und Tod werden angedeutet, überfrachten die Erzählung aber zum Teil.

Schließlich beginnt Onkel Fiete, Seemannsgarn zu spinnen und erzählt den Kindern die Geschichte von Moby Dick. Und zwar so, als ob er sie selbst erlebt hätte. Das ist spannend und unheimlich und fast besser als Fernsehen.
Schließlich fühlen sich die beiden Kinder (was zu erwarten war) in Betenbüttel so wohl, dass sie gar nicht nach Hause wollen, als die Mutter kommt, um sie abzuholen.
Und Onkel Fiete flüstert ihnen zum Abschied zu: “Und wenn ihr wissen wollt, warum der Hund Freitag (Robinson Crusoe) heißt, dann müsst ihr wiederkommen! Aber beeilt euch!”
Der Hahn heißt übrigens Long John Silver (Die Schatzinsel).

Es ist wünschenswert, dass Kinder trotz Medienkonsum und digitaler Welt den Wert des Einfachen, der Natur, der eigenen Kreativität, einer erzählten Geschichte, des Zusammenseins von Jung und Alt .... erkennen und erleben können. Mit ihrer Erzählung will Jutta Richter zeigen, dass das möglich ist.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von FrSch.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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