Das Karussel

Autor*in
Kordon, Klaus
ISBN
978-3-407-81114-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
454
Verlag
Gattung
Biografie
Ort
Weinheim
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Geschichte beginnt unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg und schließt nach Ende des zweiten. Kindheit und Jugend zweier Protagonisten werden bis ca. zur Hälfte des Buches getrennt beschrieben und im zweiten WK zusammengeführt. Dabei wird auf bedrückende Weise deutlich, welches Unheil beide Kriege über jeden der vorgestellten Lebenswege brachte.

Beurteilungstext

Zwei Orte - zwei Lebensgeschichten. Der Roman beginnt mit der Vorstellung der beiden Protagonisten in ihrer Kindheit, in den frühen 1910er Jahren kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges. Herbert Josef Lenz, genannt ""Bertie"", wächst als Kind einer Vergewaltigung unter strengen Bedingungen und wenig Zuwendung in einem Waisenhaus auf. Reglementierungen, harte Züchtigungen durch die Erzieher, emotional unterkühlte Pflichtbesuche der Mutter, von der er keine Liebe erwarten darf und die ihn auf Distanz hält, bestimmen seinen Alltag und prägen ihn. Er lernt zwar, sich bei den Kindern im Heim durchzusetzen, rutscht aber damit in die Rolle des Rebellen, der immer wieder Regeln verletzt und entsprechende Strafen über sich ergehen lassen muss. Als die Mutter einen Bürokraten heiratet und eine Tochter - Bertis Halbschwester - zur Welt kommt, vergrößert sich die Distanz noch mehr. Berti lernt, dass er im Leben nichts geschenkt bekommt.

Als Berti seine kleine Schwester kennenlernt und diese ihm als Symbol ihrer Zuneigung ein Spielzeugkarussell schenkt, beginnt etwas Neues: Berti erfährt, dass es einen Menschen gibt, der Gutes in ihm sieht, staunt und bewahrt diese neue Erfahrung, die sich im Karussell manifestiert, wie einen Schatz. Die Hoffnung auf ein ""normales Leben"" keimt auf. Berti lässt sich als Jugendlicher auf eine Lehre als Maurer ein und schafft es trotz einiger Zwischenfälle, sich in den Baualltag zu integrieren.

Elisabeth Gerber (Lisa) wächst im Harz (Thale) als Tochter einer Gastwirtin auf. Lisa ist ein lebendiges, tatkräftiges Mädchen, das schon früh in der Gastwirtschaft der Mutter als Serviermädchen mithelfen muss und darüber ein pragmatisches Wesen entwickelt. Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges muss sich die Mutter mit ihren vier Kindern alleine durchlagen, denn der Vater wird einberufen und fällt an der Front. Aber die Mutter ist fleißig und bringt ihre Kinder über die schwierigen Zeiten. Wirtschaftskrise, Umzug nach Berlin, Aufbau einer neuen Gastwirtschaft, Lisas Vernunftheirat und Aufbau einer neuen Schänke mit ihrem Mann - Lisas Alltag ist von Arbeit, betrunkenen Männern und dem Kampf ums Überleben geprägt.

In dieser Gastwirtschaft lernen sich Berti und Lisa kennen und beide Lebensgeschichten werden zusammengeführt. Lisa ist zu diesem Zeitpunkt Witwe und beide lassen sich auf eine feinfühlig erzählte Liebesgeschichte ein, die damit endet, dass Berti im zweiten Weltkrieg einberufen wird und an der Front fällt. In einem Folgeroman (""Krokodil im Nacken"") führt Kordon die Geschichte des gemeinsamen Kindes von Berti und Lisa - Manfred Lenz - als DDR-Biographie weiter.

Obwohl der Leser dem Schicksal beider Protagonisten durch das gesamte Buch mit Spannung folgt, mit ihnen bangt und hofft, ist der Roman mehr als eine Familiengeschichte. Die ungeschönte, aber dennoch nicht destruktive Beschreibung der harten Lebensumstände eröffnen einen historischen Blick auf die Zeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland und wird dadurch zum Zeitzeugen. In vielen Nebenbühnen werden Herausforderungen und Krisen dieser Zeit, Schicksale und Umgang mit Not und Angst beschrieben. Der Leser erlebt mit, wie die Weltwirtschaftskrise Existenzgrundlagen zerstört, welchen Zwängen Soldaten an der Front ausgesetzt sind, wie die Judenverfolgung ungewöhnliche Lösungen hervorbringt, welche Ängste die Berliner Bürger in Bombennächten ausstanden und wie sich Menschen trotz schwierigster Bedingungen immer wieder auf das Abenteuer Leben und Liebe einlassen.
Dem Autor des historischen Romans, Klaus Kordon, ist damit ein spannendes Meisterwerk gelungen, dessen größter Gewinn darin besteht, die Umstände der Zeit während und zwischen der beiden Weltkriege durch die Augen von Zeitzeugen durch eine lebendige Erzählung mitzuerleben.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ubr.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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