Alhambra

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• Abenteuer
• Historisches

Teaser

Der Außenseiter Boston gerät während einer Sprachreise mit seinem Spanischkurs nach Granada auf magische Weise in das Jahr 1492. Er wird verwechselt, hofiert, verfolgt und wegen satanischer Verbindungen mit dem Feuertod bedroht. Außerdem erfährt er von der Gefahr einer historisch anderen Entwicklung, die seine eigene Zukunft bedrohen würde. Er findet zwei Freunde, einen Mauren und einen Juden, die bereit sind, ihm bei der Suche nach Rettung und Rückkehr zu helfen.

Beurteilungstext

Aus Erich Kästners “Fliegendem Klassenzimmer” stammt die Idee, der beste Unterricht sei doch immer vor Ort möglich, die eigene Anschauung sei der beste Lehrer. Das gilt sicher auch für Sprache und Geschichte, und Sprachreisen gibt es schon lange. Doch wie soll man vergangene Ereignisse selbst miterleben? Eine Zeitreise - wenn sie denn möglich wäre - böte die besten Möglichkeiten. Auch über Zeitreisen ist schon vieles geschrieben worden. Glücklicherweise trifft sich hier jedoch ein interessantes Thema mit einer herausragenden handwerklichen Leistung.
Das beginnt mit der Zeichnung der Hauptperson, Boston, benannt nach der amerikanischen Stadt der Pilgerväter, unehelicher Sohn eines direkten Nachfahren mit einer deutschen Mutter. Er gilt in der Schule als uncooler Streber, hat wenig Geld und stets die "falschen" Klamotten, unsportlich ist er auch noch, so dass kaum jemand mit ihm zu tun haben will. Diesen Jungen lernt man in der Geschichte so intensiv kennen, dass man am Ende meint, ihn immer schon gekannt zu haben.
Natürlich ist seine Zeitreise ein Produkt schriftstellerischer Fantasie, alles andere wäre zu schön, aber vom Auslöser dieser Reise über die Reaktionen der Zurückbleibenden bis zum Mechanismus der letztendlich glücklichen Rückkehr, das ist genial konstruiert, logisch perfekt durchgeführt und so einfühlsam erzählt, dass jede Regung nachvollziehbar erscheint.
Was er aber auf dieser Tour in die Vergangenheit miterlebt, ist das Ergebnis intensiver und aufmerksamer Recherche (Boie erklärt manches dazu in ihrem Nachwort). Und kein "normales" Geschichtsbuch könnte einen so starken und informativen Eindruck hinterlassen wie diese Erzählung es tut. Die Geschichte strotzt nur so von überraschenden Wendungen, nervenfetzender Spannung und manchmal beinahe Angst, aber sie bleibt dabei stets historisch korrekt und vermittelt so viel Wissen, wie es nur eine echte Zeitreise bieten könnte.
Gerade während der Zeit der schulischen Beschäftigung mit der Maurenherrschaft in Spanien, der Epoche der Entdeckerfahrten nach Amerika, dem ausgehenden Mittelalter in Europa mit seinen Schrecken von Inquisition und Hexenverfolgung oder auch der Besiedelung Nordamerikas durch die aus Europa vertriebenen Puritaner lohnt sich schon aus schulischer Sicht die Beschäftigung mit diesem Buch, denn alle diese Themen kommen hier ausführlich und äußerst lebendig zur Sprache.
Vor allem anderen aber ist dieses Buch eine faszinierende und außergewöhnliche Geschichte über Fragen der menschlichen Freiheit in Politik und Religion, die Diskrepanz zwischen Selbstbestimmung und Determination, über Gruppendruck und Freundschaft. Und es ist, und vielleicht ist dies das Wichtigste, eine fesselnde, unterhaltsame, spannende und abenteuerliche Erzählung, die jede Minute des Lesens wert ist.