Alessas Schuld. Die Geschichte eines Amoklaufs

Autor*in
Blobel, Brigitte
ISBN
978-3-401-05773-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
230
Verlag
Arena
Gattung
Ort
Würzburg
Jahr
Lesealter
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Roman erzählt die Geschichte eines Amoklaufs: Ulf, ein Außenseiter, bringt auf einer Klassenfahrt einen Mitschüler und sich selbst um. Das Buch erzählt, wie eine Mitschülerin die Zeit vor und nach dem Amoklauf erlebt und wirft die Frage nach ihrer Mitschuld auf.

Beurteilungstext

Alessa zieht mit ihren Eltern nach Offenbach und muss sich dort neu einleben. Doch schon bald lernt sie den Nachbarsjungen Ulf, kennen, und auch in der Schule freundet sie sich schnell mit ihrer Tischnachbarin Vicky an. Ulf ist ein Außenseiter, der die Freundschaft Alessas sucht. Doch diese geht mehr aus Mitleid mit ihm aus. Der Sonderling Ulf lässt sich nach einem halben Jahr sogar eine Klasse zurückstufen, um in Alessas Klasse zu kommen. Als es darum geht, ob Ulf neben ihr sitzen kann, weist sie ihn das erste Mal unmissverständlich zurück. Ulf verändert sich danach sehr. Er nimmt nun bewusst die Rolle des Außenseiters an, sondert sich aus eigenem Willen von den anderen Schülern ab und äußert immer öfters radikale Ansichten bezüglich des Staats, der Politik und gegenüber Ausländern.
Alessa ist in dieser Zeit jedoch mit ganz eigenen Problemen beschäftigt. Sie verliebt sich in Philip, den Freund von Vicky, der ihre Gefühle erwidert. Jedoch haben weder Philip noch Alessa den Mut, dies Vicky zu gestehen. Der Amoklauf setzt diesem Versteckspiel ein tödliches Ende: Ulf bringt erst Philip um, verletzt Vicky schwer und tötet sich dann selbst. Der Amoklauf wird gleich zu Beginn der Geschichte als Zeitungsmeldung erzählt. Dann wechseln sich Rückblenden mit Interviews und Erlebnisse nach dem Amoklauf ab. So nähert sich die Geschichte dem Abschluss, als es Alessa endlich gelingt, einem Schulpsychologen von ihrem Wissen um eine Ankündigung Ulfs über einen "Tag X", an dem er abrechnen wolle, und auch ihrem Betrug an Vicky zu erzählen.
Der Klappentext vermittelt den Eindruck, eine Geschichte mit realem Hintergrund vorzufinden, doch die (zumindest bei einer Tageszeitung) untypischen detaillierten Angaben zu Täter und Opfer und emotionale Schilderung bereits im ersten "Zeitungsausschnitt" zeigt, dass die Handlung eine fiktive ist ("furchtbares Drama", "musste qualvoll sterben", "Als der Klassenlehrer den Täter überwältigen wollte, steckte Ulf K. sich den Revolver in den Mund und drückte ab..."). Dennoch ist die Geschichte weitgehend realistisch und das Leben der Jugendlichen lebendig geschildert. Doch in Details wird sie unglaubwürdig: Alessa erzählt ihren Eltern nichts von Ulf beängstigender Veränderung, obwohl sie keine Bindung an Ulf hat und auch ihr gutes Verhältnis zu ihren Eltern beschrieben wird. Die Lösung, dass Alessa erst dem Schulpsychologen offenbart, was sie von Ulf wusste, erscheint daher sehr konstruiert. Auch ist diese Wendung der Handlung recht erschreckend. Denn wenn es auch erfreulich ist, wenn es einem Schulpsychologen gelingt, dass die Schülerin ihm ihre Probleme offenbaren kann. So ist es doch sehr schockierend, dass sie ihren Eltern nichts erzählt - zumindest die Erlebnisse mit Ulf, die sie als Unbeteiligte schildern könnte. (Anders als ihre Verstrickung mit Philip und Vicky).
Auch die - meist unausgesprochene - "Schuldfrage" Alessas wird recht lapidar gelöst. Denn sie wird nur in ihrem Gespräch mit dem Schulpsychologen von diesem "freigesprochen". Und zwar lediglich durch seine Vermutung, dass es nichts geändert hätte, wenn sie schon früher etwas gesagt hätte.
Alessas zeitgleiche Verstrickung in die Liebesgeschichte mit Philip lenkt von der Geschichte um den Amoklauf ab. Dies spiegelt zwar das normale Leben wieder, wo immer wieder einzelne Probleme nebeneinander existieren und so voneinander "ablenken". Doch in diesem Fall wirft die Geschichte gleich zwei Probleme auf, denen sie letztendlich beiden nicht wirklich gerecht wird: Alessas Verhalten gegenüber Ulf und das gegenüber ihrer Freundin Vicky. Die Geschichte lässt viele Fragen offen, mit denen die Leser allein klar kommen müssen. Ob sie dies können, ist zumindest hinsichtlich des Themas Amoklauf mehr als fraglich, denn dieses hinterlässt auch bei Erwachsenen viel Ratlosigkeit und Hilflosigkeit - so wie es auch in diesem Buch vermittelt wird.

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Diese Rezension wurde verfasst von sc.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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