12 erste Male

Autor*in
Blobel, Brigitte
ISBN
978-3-570-15552-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
320
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2016
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Als Abschlussarbeit ihres Filmstudiums hat sich Sheeva ein besonderes Projekt ausgedacht: Sie will zwölf Jugendliche zu ihrem ‚ersten Mal' interviewen. Doch ist ihr nicht bewusst, dass sie damit eigentlich ein eigenes traumatisches Erlebnis aufarbeitet.

Beurteilungstext

Eingebettet in die Geschichte von Sheeva, in der ihr traumatisches ‚erstes Mal' aufgedeckt wird, finden sich zwölf ebenfalls fiktive Interviews zum ‚ersten Mal', die Sheeva mit Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren führt; die Rahmenhandlung und die Interviews sind sowohl typographisch als auch erzählerisch voneinander abgesetzt: Während sich die Rahmenhandlung der personaler Erzählsituation bedient und in Er-Form aus der Perspektive Sheevas erzählt, wird (in Anlehnung an die geplante Reportage) über die Interviews von Sheeva selbst in Ich-Form berichtet.

1987 hat Brigitte Blobel mit ihrem ersten Jugendroman "Ach, Schwester ..." die Gattung der Aufklärungsromane, die sexuelle Aufklärung mit einer spannenden (Liebes-)Geschichte verknüpfen, mitbegründet. Auch ihr neuester Roman "12 erste Male" folgt diesem Muster und vermittelt dabei - wie viele weitere Jugendromane der Autorin - Teenagern die Botschaft selbstbestimmter, freier Sexualität, die einzig den eigenen Bedürfnisse und dem eigenen Rhythmus folgen sollte. Offensichtlich hat es sich Blobel zur Aufgabe gemacht, der aktuellen jungen Generation (die in den Medien schon mal als "Generation Porno" bezeichnet wird) die Natürlichkeit und die Normalität von Sexualität zu vermitteln, ohne dabei mögliche Risiken und Gefahren zu verschweigen. Dabei setzt sie literarisch einen deutlichen Kontrapunkt zu in manchen Aspekten übertriebener Freizügigkeit der Gesellschaft und zu aktuellen softpornographischen Bestsellern wie "Shades of Grey" von E.L. James oder der "After"-Reihe von Anne Todd, in denen orgiastischer Sex und stetige Bereitschaft als Normalität dargestellt wird. Denn Blobel erzählt auch von Versagensängsten und gar vom Versagen selbst und zeigt auf, dass Sex nicht für andere spektakulär wirken muss, um für einen selbst als schön empfunden zu werden.

"12 erste Male" will damit wie das fiktive Filmprojekt Sheevas "semidokumentarisch" sein. Freilich kann die Verknüpfung von spannender Fiktionalität und sachlicher Aufklärung nicht durchweg überzeugen. Dies fängt schon bei der Figurenkonstellation an. So erscheint es als eher unwahrscheinlich, dass sich 14- bis 18-Jährige einer 21-Jährigen öffnen und ihr - in zum Teil überaus sachlichem Tonfall und mit medizinisch korrekter Wortwahl - von ihren ersten sexuellen Erfahrungen berichten, besonders die Vorstellung, ein 16- und ein 17-Jähriger würden einer 21-Jährigen in fast therapeutisch anmutenden Interviews von ihren Versagensängsten und Potenzproblemen berichten, ist doch mehr als unglaubwürdig. Auch entbehrt es oftmals nicht einer unfreiwilligen Komik, wenn die 21-Jährige Sheeva in den Gesprächen immer mal wieder einen belehrenden ‚Doktor Sommer'-Ton anschlägt. Zugleich mag es als Stärke des Romans und seiner Figurenzeichnung gewertet werden, dass Sheeva eben keine professionelle Interviewerin ist, sie sich vielmehr von ihren Emotionen leiten lässt. Aus literarischer Sicht ist auch die kriminalistisch anmutende Rahmenhandlung zu kritisieren, die ein allzu schnelles und beschönigendes Ende findet. Besonders ärgerlich sind allerdings zahlreiche (inhaltliche) kompositorische Fehler, etwa wenn aus einer sowieso geplanten Mallorca-Reise plötzlich eine extra für das Interview unternommene Reise wird oder wenn aus dem unerfahrenen Freund im Laufe des Interviews plötzlich ein Junge mit Erfahrung wird. Positiv ist dagegen hervorzuheben, dass der Roman mit seinen zwölf Jugendlichen und ihren Lebensberichten ein buntes Panorama aktuellen jugendlichen Lebens in Deutschland bietet (durchaus über das Thema erster sexueller Erfahrungen hinaus).

So muss man bei "12 erste Male" zwischen der literarischen und der aufklärerischen Qualität trennen. Als Roman ist das Jugendbuch weniger zu empfehlen, als Möglichkeit der sexuellen Aufklärung in all ihren Facetten durch das Medium der Fiktion ist das Jugendbuch jedoch gut gelungen und durchaus lesenswert. Ich selbst habe damals "Ach Schwester ..." gerne gelesen - und ich gehe davon aus, dass heutige Mädchen (und vielleicht auch der eine oder andere Junge) den Aufklärungsroman, den Brigitte Blobel für die aktuelle Alterskohorte geschrieben hat, auch gerne lesen werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von WiBe.
Veröffentlicht am 01.07.2016

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