Wie man eine Raumkapsel verlässt

Autor*in
McGhee, Alison
ISBN
978-3-423-64071-8
Übersetzer*in
Kollmann, Birgit
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
208
Verlag
dtv
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2021
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Mit wenigen Worten behandelt McGhee in ihrem Buch Themen wie Depressionen und Vergewaltigung und lässt gleichzeitig das Erzählte banal wirken. Die Leser*innen begleiten dabei Will, die Hauptfigur des Buches „Wie man eine Raumkapsel verlässt“, nicht nur bei seinem Alltag, der größtenteils aus Spaziergängen besteht, sondern auch bei seinem Heilungsprozess.

Beurteilungstext

Auf dem Weg zur Heilung
Der Protagonist Will verarbeitet in dem Buch den schmerzhaften Verlust seines Vaters, der Suizid begangen hat. Auch seine Kindheitsfreundin Playa ist in einer schwierigen Lebensphase, da sie vergewaltigt wurde und aufgrund dessen sich immer mehr von Will distanziert. Um die Situation mit seinem Vater und Playa zu verarbeiten, geht Will, bis er sich den Schmerz herausgelaufen hat. Das Gehen stellt hierbei einen wichtigen Bestandteil der Handlung und seines Heilungsprozesses dar, da er nur so seinen Gedanken freien Lauf lassen kann. Dabei macht er an unterschiedlichen Stationen halt. Beispielsweise bei seiner Arbeitsstelle, im Segensladen, bei Playa, um ihr aufmunternde Notizen zu hinterlassen oder bei sich zu Hause, wo er vergebens versucht das Maisbrot seines Vaters nachzubacken, um ihm ein Stück näher zu sein.

Die Truhe mit den hundert Segenssprüchen
„Segensladen, so nannten wir ihn, als ich klein war, und so nenne ich ihn auch heute noch. Alte Gewohnheiten eben.“ Wie aus dem Zitat deutlich wird, schaffen die einfache Sprache und der unkomplizierte Satzbau einen leichten Zugang für die Leser*innen. Ebenso besonders ist die Kürze der einzelnen Kapitel und die Seitengestaltung. Die Kapitel werden nämlich mit chinesischen Schriftzeichen eingeleitet und stehen auf der linken Seite einer Doppelseite. Der Text selbst steht mittig auf der rechten Seite der Doppelseite, sodass die chinesischen Schriftzeichen und der Text zusammen Segenssprüche darstellen, die unter anderem eine zentrale Rolle in der Handlung einnehmen. Die Segenssprüche versetzen Will in die Zeit mit seinem Vater zurück, da sie oft gemeinsam im Segensladen waren, um Karten mit Segenssprüche zu kaufen. Seit dem Tod seines Vaters dienen sie Will als Trostspender, weshalb er eines Tages während eines Spaziergangs den Entschluss fasst, im Segensladen vorbeizugehen, um die Truhe mit den hundert Segenssprüchen zu suchen. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass McGhee genau hundert Kapitel geschrieben hat. Das Buch selbst stellt somit die Truhe mit den hundert Segenssprüchen dar. McGhee verbindet somit gekonnt Layout und Inhalt, lässt die Handlung dadurch jedoch bruchstückhaft wirken.

Musik als Zuflucht
Des Weiteren arbeitet McGhee mit intertextuellen Verweisen und bringt dadurch David Bowies Musik in die Handlung mit ein. Aber nicht nur in der Handlung kommt der Sänger zum Einsatz, auch der Titel des Buches „Wie man eine Raumkapsel verlässt“ ist aus einem seiner Lieder entnommen worden. So heißt es in dem Song: „Now it’s time to leave the capsule if you dare“ und beschreibt dabei gleichzeitig die Handlung des Buches, denn Will muss sich trauen, die Kapsel zu verlassen, um zu seinem Happy End zu gelangen. Will benutzt im Laufe der Handlung immer wieder die Liedzeilen wie schmerzlindernde Medikamente, die ihm helfen, mit seinem Verlust umzugehen. Durch das Einbetten der Liedverweise in die Handlung wirkt das Buch durchdachter, als es auf den ersten Blick scheinen mag.

Segensreiches im Dunkeln
Wills Perspektive ist eher eine alltägliche Darstellung seines Lebensabschnitts. Zudem wird durch McGhees Wahl des Ich-Erzählers, trotz der Wichtigkeit der Themen, die im Buch angesprochen werden, der Handlung und der Thematik die Tiefe genommen. Gleichzeitig wird dadurch der realitätsnahe Alltag eines Jugendlichen dargestellt, der Depressionen hat, wodurch es viel Raum zur Identifikation gibt. Wer auch die Danksagung liest, weiß spätestens dann, dass McGhee sich durch ihre eigenen Erfahrungen hat inspirieren lassen, da sie selbst Leid im Zusammenhang mit Suizid und sexuellem Missbrauch erfahren hat und mit dem Buch anderen Menschen Mut machen möchte.

Das Innere der Raumkapsel
„Wie man eine Raumkapsel verlässt“ ist somit kein Buch, das einen zu sehr erdrückt, sondern eines, welches den Leser*innen auf eine ruhige und einfache Art die Sichtweise eines 16-jährigen Jungen näherbringt. Wer hier jedoch nach tiefen Gedankengängen sucht, wird nicht fündig. Nichtsdestotrotz kriegen die Leser*innen durch die Sprachgestaltung einen Eindruck davon, wie es ist, von einer Kapsel umhüllt zu sein: segensreich und traurig zugleich.

Ayşenur-Sara Özyurt

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gre; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 15.03.2022

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