Von der Fee, die Feuer speien konnte

Autor*in
Fühmann, Franz
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Gleich, Jacky
Seitenanzahl
48
Verlag
Hinstorff
Gattung
Fantastik
Ort
Rostock
Jahr
2013
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
9,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Im Wald der Fee Anna Susanna Lachdochmal fällt niemals Schnee und scheint immer die Sonne, alle leben sorglos und glücklich. Aber der Winterkönig macht der Sorglosigkeit der Waldbewohner ein Ende und schickt Eis und Kälte. Die Fee versucht eine Rettung, die erst gelingt, als sie selbst Feuer speien kann und die Drachenkinder ihr helfen, den erfrorenen Boden wieder aufzutauen.
Ein Mutmachmärchen, das erzählt, wie man allen Widrigkeiten zum Trotz doch überleben kann.

Beurteilungstext

Die drei ""Märchen auf Bestellung"" schrieb Franz Fühmann schon in den siebziger Jahren, aber erst sehr viel später erschienen sie auch für Kinder, für die sie eigentlich gedacht waren. Fühmann schrieb für Kinder zwischen anderen, umfangreichen literarischen Arbeiten für Erwachsene, und er benennt den Grund so:

Die Kinder sind das dankbarste, das intelligenteste, das kritischste, das verständigste, das aufgeschlossenste, das sachkundigste, kurzum, das ideale Publikum.
Also für Kinder zu schreiben, und auch vor Kindern zu lesen - ich sagte Ihnen am Anfang, dass ich schwer und mühsam schreibe, und das Schreiben ist über weite Strecken für mich wirklich eine grässliche Plage - aber für Kinder schreiben, das ist einfach eine Freude und eine Wohltat. Ich mach's also nicht zuletzt aus dem ganz egoistischen Grunde, weil ich mich dabei erhole, weil es mir unheimlichen Spaß macht. Franz Fühmann

Der Hinstorff Verlag Rostock hat neben einer Werkausgabe Fühmanns in den letzten Jahren auch einzelne Titel, insbesondere für Kinder, neu aufgelegt und illustriert. So sind seine drei ""Märchen auf Bestellung"" von der rennomierten Bilderbuchkünstlerin Jacky Gleich illustriert worden.
Franz Fühmann hat diese drei Märchen tatsächlich ""auf Bestellung"" geschrieben. Sie sind seiner Enkelin Marsha gewidmet, die sich eine feuerspeiende Fee gewünscht hatte (""Von der Fee, die Feuer speien konnte""). Er schrieb sie für eine junge Frau, die in einer psychiatrischen Klinik behandelt wurde (""Anna, genannt Humpelhexe"" ) und er widmete ein Märchen den Schulkindern aus Mössingen, deren Treppenhaus eine Keramikwand von Hap Grieshaber schmückte ( ""Doris Zauberbein"").
Im Mittelpunkt steht jeweils eine klassische weibliche Märchenfigur: eine Fee, eine Zauberin und eine Hexe, mit deren Rollenbildern allerdings gespielt wird und die alle drei psychologisierende Hinzuschreibungen bekommen, die das Volksmärchen so nicht kennt.
Anna, die kleine Humpelhexe, hat Franz Fühmann in einer Zeit geschaffen, als für ihn Märchen nicht mehr als ""Deutungsmuster sozialer Wirklichkeiten"" eine Rolle spielten, wie es das noch in seinen frühen Kunstmärchen der Fall war. Die späten Märchen Fühmanns gleichen seinen Traumtexten und sind Versuche, ""Logos und Mythos… im Sinne der Welterkenntnis"" fruchtbar zu machen.
""Sieben Hasensprünge hinter dem Ende der Welt, in einem Wald, wo die Kiefern weiße Blätter und die Birken schwarze Nadeln tragen, liegt heute noch eine Hexenschule…"" beginnt das Märchen von Anna Humpelbein, die so genannt wird, weil ihr rechtes Bein länger als das linke ist und sie humpelt. Ihre Hexenmutter schlägt ihr vor, das eine Bein etwas kürzer hobeln zu lassen, aber das will Anna nicht und verteidigt selbstbewußt ihre Defizite:
""Es ist mein Bein… davon geb ich nichts her, das ist alles Anna. Ich habe nun mal zwei verschiedene Beine, da muß ich eben was draus machen. Diese Gleichbeiner mögen ruhig spotten. Am besten lacht, wer zuletzt lacht!""
Das Märchen von Anna Humpelbein ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten wird von einem spannenden Wettkampf berichtet, in dem Anna überraschend Sieger wird. Im zweiten Teil, ermutigt von ihrem Sieg, zieht Anna allein zum Ende der Welt, um mal nachzusehen, wie es dort aussieht. Als sie auf die zwei bösen Riesen trifft gerät sie in große Gefahr und verliert beinahe ihr Leben. In einem dramatischen Kampf gelingt es ihr, die Riesen zu überlisten und nach Hause zurückzukehren.
Die Fee Anna Susanna Lachdochmal lebt in einem ""Wald, in dem es niemals schneite. Dieser Wald lag nicht im glühenden Afrika und auch nicht im heißen Indien, er lag gar nicht weit weg von der Stadt Berlin, hinter dem dreiundzwanzigsten Hügel zwischen Sachsen und Mecklenburg…"" In diesem Wald, so will es Anna Susanna, soll es das ganze Jahr über warm und grün sein. Dafür bestraft sie der Winterkönig eines Tages mit Eishagel und Schneekälte. Mutig macht sich Anna Susanna auf den Weg zum feuerspeienden Drachen, um den erfrorenen Wald wieder aufzutauen. Aber erst die sieben Drachenkinder können die frierenden Tiere und Anna Susanna erlösen. Fortan geht es in Anna Susannas Reich etwas dialektischer zu: die Jahreszeiten wechseln sich ab und Wärme und Kälte geraten wieder in einen natürlichen Kreislauf.
Doris Zauberbein lebt "" im märkischen Sand, dort, wo die Spree fließt"" und möchte zaubern können, um wie die Störche in die Welt hinaus zu fliegen, mindestens bis Afrika. Lange Zeit lang übt sie auf einem Bein zu stehen, damit ihr Zauberkräfte zufließen. Als es endlich gelingt und sie auf dem richtigen Bein ausharrt und auch die richtigen Zehen richtigherum dreht kann sie auch zaubern, dass die Menschen freundlicher werden und die Kinder und Schwachen beschützt sind. Die Frage aber, ob Doris mit den Störchen das Land verlässt, die Frage also von Weggehen oder Bleiben versteht man besser, wenn man weiß, dass Franz Fühmann das Märchen in der Nacht vor seinem 60. Geburtstag, am 15. Januar 1982 geschrieben hat, zu einer Zeit also, als die Menschen in der DDR in einer Diktatur lebten, die keine Reisefreiheit erlaubte.
In den Illustrationen der Neuausgaben dieser drei Märchen durch Jacky Gleich kann man eine Erweiterung der phantastischen Denkräume durch die äußerst skurilen und expressiven Bildwelten der Künstlerin beobachten. Franz Fühmann hätte sich sicherlich darüber gefreut, wenn er sie gesehen hätte.

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Diese Rezension wurde verfasst von emk.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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