Am Schneesee

Autor*in
Fühmann, Franz
ISBN
978-3-356-02095-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Andres, Kristina
Seitenanzahl
24
Verlag
Hinstorff
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Rostock
Jahr
2017
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Franz Fühmanns Geschichte "Am Schneesee", enthalten in seinem Sprachspielbuch "Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm von Babel" , ist nun erstmalig als Bilderbuch mit Illustrationen von Kristina Andres zu erleben.

Beurteilungstext

1922 in Rochlitz im Riesengebirge im heutigen Tschechien geboren, wo die Sagen vom Rübezahl und die Märchen zuhause sind und seine Kindheitslektüre wurden, lebte Franz Fühmann nach dem Krieg in Ostberlin. Mit Novellen, Gedichten, Nachdichtungen und Essays für Erwachsene bereits bekannt geworden, begann Franz Fühmann in den fünfziger Jahren auch für Kinder zu schreiben. Die Bilderbuchmärchen. „Vom Moritz, der kein Schmutzkind sein will“ und „Das wunderbunte Vögelchen“ werden heute als Nachdruck wieder publiziert, seine sprachspielerischen Texte wie das lustige Tier ABC „Ein Affenspaß für Alfons“ und insbesondere das Sprachspielbuch „ Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm zu Babel“, sind inzwischen mehrfach wieder aufgelegt und relativ bekannt.
Seine Nachdichtungen für Kinder wie der „Sommernachtstraum“ und „Das Wintermärchen. Ein Märchen nach Shakespeare“, hat der Hinstorff Verlag wieder herausgegeben, beide Bände hat Jacky Gleich neu illustriert.
Nun hat der Hinstorff Verlag auch Fühmanns kleine sprachspielerische Geschichte „Am Schneesee“ illustrieren lassen. Sie stammt aus seinem Sprachspielbuch „Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm zu Babel“, das der Kinderbuchverlag in Ostberlin zuerst 1978 publizierte. Nun gibt es zum ersten Mal eine eigene Bilderbuchfassung davon.
Die Bilder schuf Kristina Andres, die bereits Fühmanns Gedicht „Lob des Ungehorsams“ für den Verlag illustrierte. Kristina Andres ist eine vielseitige Künstlerin, die seit 2002 als freischaffende Künstlerin illustriert, malt, aber auch selbst Geschichten schreibt, insbesondere für Kinder. In ihren Bildern ist viel weiter Raum, sie vermeidet die herangezoomte Draufsicht, ordnet vielmehr das Geschehen übersichtlich und minutiös auf einer großen Fläche. "Zuerst schaffe ich das Bühnenland. Für die Figur lasse ich mir Zeit", erklärte sie in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Betrachtet man die nunmehr von ihr bebilderte Schneeseegeschichte von Franz Fühmann, so entdeckt man genau das. Das Auge hat Zeit auf der Papierseite herumzuwandern und sich zu orientieren. Es bemerkt ein kleines Mädchen mit Zöpfen und seltsam großen blauen Socken über ihren Füßen, ein Zeh schaut jeweils hervor. Ihr gegenüber steht ein blumenkauendes Reh, dahinter gibt es einen Teich und nochmal dahinter ein Haus. Über die kleinen Berge am Horizont sind kleine Bäume verstreut. Blättert man die Seiten weiter, erscheint überall am oberen Seitenrand genau diese horizontale Berglinie und begleitet den Betrachter bis zum Schluss der Geschichte.
Darunter geschieht etwas. Das kleine Mädchen, das erst fröhlich herumhopst, scheint sich den Zeh gestoßen zu haben und weint vor Schmerz. Eine zweite Figur, eine alte Frau mit einem Tragekorb taucht auf, die schließlich in einem großen Kessel auf dem Feuer etwas rührt und zubereitet. Ein Tee, erkennt man, denn das Mädchen scheint ihn zu trinken, und danach lacht sie fröhlich und springt davon und streichelt am Ende wieder das Reh von der ersten Seite.
Was wird hier für eine Geschichte erzählt? Grob zusammengefasst eigentlich nicht viel mehr als dass das Mädchen - das allerdings eine Fee ist, und damit wandert die Geschichte ins Märchenland - sich einen von ihren 66 Zehen stösst und von einer weisen Frau, einer Heckenhexe, einen Tee bekommt, der sie wieder schmerzfrei macht.
Fühmann hat diese simple Fabel raffiniert zu einem Sprachspiel ausgebaut, das allerbeste Unterhaltung bietet. Es ist ein Spiel um und mit dem Buchstaben „E“, den Fühmann so lange summiert, bis das „E“ am Ende 16 mal in einem einzigen Wort vorkommt. Von der FEE am SCHNEESEE über das SCHNEESEEKLEEREH zum DREHZEHWEH bis zum SCHNEESEEKLEEREHFEEDREHZEHWEHTEE werden die Worte mit dem „E“ auf und wieder abgebaut, was zu schönsten Wortstolpereien und Zungenbrechern beim Vorlesen führt. Für Kinder ein grandioses Vergnügen mit ungläubigem Staunen, für erwachsene Vorleser eine echte und kaum zu bewältigende Herausforderung! Insofern hilft die Bebilderung dieses Textes, weil man doch noch mal Luft schöpfen und eventuell neu ansetzen kann beim Vorlesen.
Aber wie hat Kristina Andres das Problem mit den 66 Zehen gelöst? Franz Fühmann hätte seine Freude daran. Sie hat der Fee einfach dicke blaue Socken angezogen, aus denen eben jeweils nur ein Zeh herausschaut, so kann und muss niemand nachzählen…
[Prof. Dr. Eva Maria Kohl]

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von emk; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 03.12.2017

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