Lob des Ungehorsams
- Autor*in
- Fühmann, Franz
- ISBN
- 978-3-356-01605-5
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Andres, Kristina
- Seitenanzahl
- 20
- Verlag
- Hinstorff
- Gattung
- BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
- Ort
- Rostock
- Jahr
- 2013
- Lesealter
- 4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 14,99 €
- Bewertung
Teaser
Das Märchen von den sieben Geißlein und dem bösen Wolf ist ein Grimm’scher Märchenklassiker und gehört vermutlich auch zum kulturellen Schatz vieler Kindergenerationen. Wie man die Geschichte einmal ganz anders lesen und interpretieren kann, sehen wir mit Vergnügen in dieser von Kristina Anders zart und flott illustrierten Version von Franz Fühmann.
Beurteilungstext
Franz Fühmann (1922-1984), Schriftsteller, Sprachkünstler und Poet hat die Geschichte von den sieben Geißlein gegen den Strich gebürstet und bereits 1962 mit dem aufmüpfigen und an Brecht-Texte erinnernden Titel „Lob des Ungehorsams“ veröffentlicht. Nah am Märchentext und doch leicht verfremdet erzählt er von den „sechs artigen Geißlein“ und dem einen Unfolgsamen, dass sich am Uhrenkasten zu schaffen macht und von Mutter Geiß getadelt wird. Als dann der böse Wolf kommt, überlebt nur das Ungehorsame im Uhrenkasten: „Da war Mutter Geiß aber froh.“ Auch heute noch – oder gerade heute – gilt die Moral dieser Geschichte, auch wenn in der modernen Kinderziehung andere Akzente zu setzen sind – eher im Sinne von „Kinder brauchen Grenzen“.
Fühmanns Text richtet sich natürlich nicht nur an kleine Kinder, sondern auch an Eltern, „die manchmal am Ungehorsam ihres Nachwuchses zu verzweifeln meinen“, wie im Klappentext zu lesen ist. Denn unsere Gesellschaft braucht heute mehr denn je kritische Menschen, die nachfragen und nicht jedes Ge- oder Verbot hinnehmen, sondern auch nach seinem Sinn und Nutzen fragen.
Kristina Andres Illustrationen geben diesem Grimm‘schen Klassiker eine ganz eigene Note. Ihre Bilder erinnern in der feinen Strichführung und den zarten Farben an die Kunst Klaus Ensikats. Gleichzeitig ist sie ganz in der Moderne mit ihrer Geißen-Familie: Zuhause bei Geißens wird gemalt, geschraubt, Fernsehen geschaut, Roller gefahren und getobt, während Mutter Geiß bügelt. Das neugierige Geißlein in blauer Werkhose macht sich gekonnt mit Werkzeug am Uhrenkasten zu schaffen, um zu ergründen, was sich darin verbirgt. Mit einem riesigen Schatten und bedrohlich tritt der Wolf auf, von dem man nur die krallenbewehrte Tatze und dann den riesigen, haarigen und buschigen Schwanz sieht, unter dem die Idylle im Häuschen vollständig verschwindet. A b e r – und das macht diese Illustrationen so besonders – es gibt schon einige Hinweise in den Bildern, die Hoffnung machen, dass die Geißlein gerettet werden können: Nicht nur hat der Wolf schon einen roten Faden im Fell, sondern das gerettete Geißlein reicht seiner Mutter die Schere und das rote Garn und im Nachsatz sehen wir die fröhliche Geißenfamilie im gelben Familienauto nach Hause fahren. Wie unglücklich die Mutter wohl wäre, wenn keines ihrer Kinder überlebt hätte? Kristina Anders gelingt es verblüffend eindringlich, Trauer, Angst und die Tränen der Erleichterung auf das Gesicht der Mutter zu zaubern – wer da nicht mitfühlt!
Ein wunderbares Bilderbuch für Kleine und Große, zum Schauen, Freuen und Nachdenken.