Rotkäppchen, wie geht es dir?

Autor*in
Gliemann, Claudia
ISBN
978-3-942640-12-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Lukk-Toompere, Regina
Seitenanzahl
50
Verlag
Monterosa
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Karlsruhe
Jahr
2020
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
24,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Sensible Bewältigung von Traumata anhand eines kinderliterarischen Klassikers

Beurteilungstext

Fast jedem ist die Geschichte des Mädchens, das im Wald auf den bösen Wolf trifft, bekannt. Doch welches Trauma für das Kind daraus hervorging, davon wird nach dem Happy End oft nicht berichtet. In dieser Adaption zu dem Grimm´schen Märchen Rotkäppchen wird ein Zeitpunkt nach den dort dargestellten Ereignissen geschildert. Hier trifft ein großer gemütlicher Bär auf die Protagonistin, die weinend und um sich schlagend am Boden liegt. Das Kind ist verletzt über den Verrat des Fuchses, der vorgab ihr Freund zu sein, sie bat ihre rote Kappe abzunehmen und Tag für Tag eine Strähne ihres Haares für sich abschnitt. Mit nichts als Fransen auf dem Kopf scheint sie jeder Lebenswille verlassen zu haben, sodass der Bär sie trauern lässt und beginnt, ein Haus um sie herum zu bauen. Er wartet eine lange Zeit bis Rotkäppchen wieder herauskommt, zu erzählen beginnt und neues Vertrauen fasst. In einer folgenden zweiten Episode findet das Mädchen zum Haus der Großmutter, wodurch ihre Erinnerungen an das Grauen, das sich dort ereignete, wiederkehren. Der Bär erweist sich abermals als geduldiger Zuhörer und Begleiter, der ihr hilft die Geschehnisse zu verarbeiten.
Die Ausdeutung des Märchens als Warngeschichte gegen übergriffiges Verhalten und einer drohenden Vergewaltigung durch den stilisierten Wolf ist nicht neu. Claudia Gliemann greift diese Interpretation auf und nutzt sie mit der pädagogischen Absicht, Kindern mit traumatischen Erfahrungen Hilfestellung zu bieten, indem sie sich einer Bezugsperson anvertrauen. Dies wird auch im Nachwort mit dem Aufruf, sich Hilfe und Beratung in schwierigen Situationen zu suchen und dem Verweis auf das Notfalltelefon "Nummer gegen Kummer" expliziert.
Die zarten und zurückhaltenden Aquarellzeichnungen greifen die Thematik auf eine sensible und zurückhaltende Art und Weise auf. Durch die Verwendung unterschiedlicher Perspektiven wie beispielsweise im ersten Bild, in welchem der Bär unter einer weißen Decke schläft, die gleichsam die verschneite hügelige Landschaft um ihn herum bildet, und durch die Ergänzung zahlreicher Details und Symbole gelingt es Regina Lukk-Toompere verschiedene Deutungsebenen zu erzeugen, die im Gegensatz zum Text Raum für eigene Assoziationen bieten. Mit gezielt eingesetzten Farben wird der Gemütszustand der kindlichen Figur widergespiegelt. Trauer, Angst und Wut vereinen sich im Schwarz und Grau, während die Rehabilitation in satten Grundfarben erscheint.
Es braucht nicht viele Worte, um Erinnerungen und Gefühle wachzurufen. Daher erscheint der Text in diesem Bilderbuch zu umfangreich. Einerseits durch die Verknüpfung zweier Episoden – eine einzelne hätte für die Narration ausgereicht – und andererseits durch die langen sich in ihrer Art wiederholenden Dialoge wird eine gezwungene Eindeutigkeit geschaffen, die es nicht gebraucht hätte, denn die Bilder sprechen eine eigene Sprache, die Platz für Austausch bietet.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von jodu; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 21.05.2021

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