Rattenfänger

Autor*in
Stoffels, Karlijn
ISBN
978-3-407-80897-4
Übersetzer*in
Pressler, Mirjam
Ori. Sprache
Niederländischen
Illustrator*in
Seitenanzahl
190
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2003
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 14-jährige Lori, die alleine mit ihrer psychisch kranken Mutter lebt, freut sich, als in die Nachbarwohnung der gutaussehende, freundliche Psychologiestudent Mark einzieht. Er scheint verständnisvoll und zugewandt, mit ihm kann sie auch über ihre Probleme sprechen. Aber Mark wird zudringlich und will mehr von ihr als sie zu geben bereit ist. Es ist nicht leicht für sie, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen und in der Schule und in der Arbeit an einem Musical wirkliche Freunde zu finden.

Beurteilungstext

Der Titel des Buches hat eine doppelte Bedeutung. Zum einen wird in Loris Schule gerade an einer Musical-Aufführung der Geschichte vom Rattenfänger von Hameln gearbeitet und weil Lori eine begnadete Klavierspielerin ist muss sie unbedingt dabeisein. Zum anderen passt das Motiv des Rattenfängers auch auf ihre Beziehung zu Mark, denn obwohl sie bald spürt, dass er etwas anderes will, als sie von ihm braucht, schafft sie es nicht so leicht, sich von ihm zu lösen: “Du weißt, dass du reingelegt wirst, aber du tappst trotzdem rein”, wie Lori es treffend formuliert.
Lori hält ihre Mitschüler und Schülerinnen freundlich, aber bestimmt, auf Distanz. Selbstironisch und erstaunlich klarsichtig beschreibt sie ihre Situation, die vor allem durch das Zusamamenleben mit ihrer psychisch kranken Mutter geprägt ist. Ihren Vater Tim sieht sie selten und versucht auch vor ihm die Fassade aufrechtzuerhalten, dass sie schon klar kommt. Seit sie in der Grundschule die bittere Erfahrung hat machen müssen, dass das Wissen um ihre Mutter zur Ausgrenzung und zur Falle für sie wurden - sie wurde ebenfalls als verrückt eingestuft - zieht sie sich lieber zurück und lässt keinen an sich heran. Aber innerlich ist sie natürlich ausgehungert nach Gesprächen, nach Zuwendung und Offenheit, nach Wahrhaftigkeit. Als dann Mark auftaucht mit seiner ruhigen, verständnisvollen Art, fühlt sie sich endlich angesprochen, als ernstzunehmende Person wahrgenommen und fürsorglich behandelt. Schon bei den ersten Begegnungen stellt sie fest: “Ich finde es schön, dass er jetzt hier wohnt. Ein Mann im Haus. Geborgenheit. Tee.” (S.49)
Aber dann passieren Dinge, die Lori nicht will, auch und gerade nicht mit Mark. Er ist erwachsen und versucht seine sexuelle Begierde mit ihr zu teilen. Lori ist zutiefst erschrocken und weiß sich dieser männlichen Zudringlichkeit kaum zu erwehren. Sie fühlt sich beschmutzt und erniedrigt. Aus dem freundlichen Mark ist sehr schnell ein fordernder und eifersüchtiger Mann geworden, der völlig vergessen zu haben scheint, dass Lori ein Geborgenheit suchendes, sensibles Kind ist, das eine andere Art von Zuwendung braucht. Die Befreiung aus diesem Spinnennetz gelingt ihr dann schließlich mit Hilfe gleichaltriger Freundinnen und Freunde, die sich als es drauf ankommt als echte Freunde erweisen. Dieses, eine positive emotionale Entwicklung vorwegnehmende, Ende der Geschichte und die gekonnte sprachliche Gestaltung mit vielen inneren Monologen, die z.T. ausgesprochen witzig und lebenssprühend sind, erleichtern den Zugang zu dem eigentlich schwierigen Thema.
Ungwöhnlich gekonnt gelingt es K. Stoffels ihre Heldin erzählen zu lassen, sie in ihren Schwächen selbstkritisch und sensibel zu zeigen. Lori ist eine starke, beeindruckende Identifikationsfigur.
Sehr lesenswert.


Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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