1 zu 0 für die Idioten

Autor*in
Stoffels, Karlijn
ISBN
978-3-407-81057-1
Übersetzer*in
Erdorf, Rolf
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
164
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2009
Lesealter
14-15 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Luisa will Selbstmord begehen, wird aber noch gerettet. Sie kommt in eine psychiatrische Klink für Jugendliche. Obwohl Luisa zu den Losern des Lebens gehört, ist sie aufmerksam und besitzt eine erstaunliche Menschenkenntnis. Ihr Humor, ihre Fähigkeit zu provozieren und andere gesprächsbereit zu machen, hilft der gesamten Therapiegruppe. Auch die Therapeuten wissen das zu schätzen. Als sie entlassen wird, erkennt der Leser aber, auf wie dünnem Eis sie sich bewegt.

Beurteilungstext

Luisa erzählt aus ihrer Sicht, Erkenntnisse gehen nicht über ihre eigenen hinaus. Der Leser aber verfolgt gebannt, wie sie sich nach und nach aus dem engen Kreis ihrer Gedanken hinausbewegt und die Menschen um sie herum wahr nimmt. Die gesamte Handlung spielt im kleinen Kreis der Klinik, lediglich die Eltern Einzelner tauchen mehr oder weniger schemenhaft auf. Luisa will gerdezu zwanghaft alle männlichen Wesen für sich gewinnen, von Hassan, der glaubt, noch im Mutterleib zu leben, bis zum Chef der Therapeutencrew. Den Patienten hilft sie so, fast alle bekommen das erste Mal die persönliche Zuwendung zu spüren, die sie ihr Leben lang vermissen mussten. Die Therapeuten sind professionell genug, mit dieser Marotte umgehen zu können. Die Mädchen der Gruppe werden erst interessant für Luisa, als sie deren Schwächen erkennt und heraus findet, wie sie ihnen helfen kann - bei fast allen ist sie erfolgreich. Dann aber trifft sie auf einem Wochenendurlaub ihren alten Lehrer wieder, in den sie, ohne dass es ihr klar war, mit Haut und Haaren verliebt war und ist. Der aber ist nur freundlich zugewandt und ahnt nichts von den Zusammenhängen. Diese Begegnung wirft sie völlig aus der Bahn, sie verprellt einen der Jungen, der sich in sie verliebt hatte und der fällt darauf in seine Psychose zurück. Luisa wird entlassen - aber die fixe Idee lebt weiter in ihr.
Karlijn Stoffels (hervoragend übersetzt von Rolf Erdorf) findet die Sprache einer pubertierenden Gothic, die alle Welt provoziert, sich verrennt und zu einem neuen Leben findet. Souverän beschreibt sie die Gedanken des Mädchens, wie sie sich um sie selbst drehen, wie sie den Therapeuten zeigen will, was eigentlich deren Aufgabe gewesen wäre. Luise ist beileibe nicht altruistisch, sie hilft, um den Erwachsenen die Harke zu zeigen.
Die Atmosphäre der Klinik ist sehr genau erfasst und beschrieben; nur wirkliche Professionalität kann das derart erkennen und umsetzen.
Für junge Leser wird deutlich, was die Patienten mit ihrem Spruch, der dem Buch den Titel gegeben hat, aussagen wollen - nur außerhalb wird das nicht registriert. Die Jugendlichen des Dorfes erlauben sich keinerlei Kontakte, außer aggressive. Aber die jungen Menschen sind nur haarbreit enfernt von der Normalität der anderen. Diese Haaresbreite hat sie aus der Bahn geworfen, verrückt. Deutlich wird, dass es den Patienten nicht gut geht, dass ihnen in vielen, aber nicht allen Fällen durch eine hermetisch abgeschlossene Welt geholfen werden kann, wenn man ihnen vertraut. Das kann nicht immer gut gehen, die psychiatrische Maschinerie muss stets einsatzbereit bleiben.
Und: ein psychischer Defekt kann keine plötzliche Heilung erfahren, dazu bedarf es langer Zeit, großer Aufmerksamkeit und steten Kontaktes. Diese Menschen dürfen nicht mehr alleine gelassen werden.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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