Nicht mich will ich retten - Die Lebensgeschichte von Janusz Korczak

Autor*in
Pelz, Monika
ISBN
978-3-407-78902-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
192
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wem ist der Name Janusz Korczak nicht schon begegnet? Schulen sind nach ihm benannt, Bücher von ihm und über ihn geschrieben, Filme gedreht, Gesellschaften gegründet... Doch was verbinden wir mit diesem Namen? Woher kommt sein Ruhm und sein Bekanntheitsgrad?
Über das Leben dieses ungewöhnlichen Menschen, Helden oder Heiligen (?) der Neuzeit, dessen genaues Todesdatum wir nicht einmal wissen, erzählt uns Monika Pelz in ihrem Buch „ Nicht mich will ich retten“.

Beurteilungstext

Die Autorin führt uns zunächst in das Warschau des ausgehenden 19. Jahrhunderts, wo wir mit Hendryk Goldsmit, der erst später den Namen Janusz Korczak annimmt, die Freuden und Leiden seiner Kindheit durchleben. Bereits damals träumt der kleine Hendryk davon, einmal Armut, Krankheit und Hunger abzuschaffen. Als der Vater stirbt, verarmt die Familie. Hendryk studiert Medizin und gibt zusätzlich Nachhilfeunterricht. Er geht dorthin, wo sich Armut mit Verbrechen mischt, hilft, wo er helfen kann. Schon als Student wird er in den Hinterhöfen zur legendären Gestalt. Er hat das Thema seines Lebens gefunden – „die Sache des Kindes“.
Als Kinderarzt befasst er sich mit den bedeutendsten Pädagogen seiner Zeit: Fröbel, Pestalozzi, Montessouri, Makarenko, nimmt in Paris und London Einblick in europäische Waisenhäuser und Besserungsanstalten. „Kinder werden nicht erst zu Menschen, sie sind es bereits“, wird die Maxime seiner Pädagogik.
Das Buch beschreibt seine Idee von Kinderdemokratie - Regeln und Einrichtungen, die er später in den Waisenhäusern zur Anwendung bringen wird.
Als ein jüdischer Verein ein Waisenhaus mit reformpädagogischen Ansätzen in Warschau gründet, gibt Korczak den Arztberuf auf und übernimmt 1911 die pädagogische Leitung des „Dom Sierot“- Haus der Waisen. Seinen Traum von einer „Schule fürs Leben“ kann er hier verwirklichen. Grundprinzipien sind: Selbstverwaltung, ein Höchstmaß an Initiative und Selbstständigkeit, demokratische Konfliktregelung, konstruktive Kritik und Diskussion, Anerkennung, einträchtiges Zusammenleben bei gleichgeachteter Arbeit, Neugier aufs Lernen, Gerechtigkeitsempfinden, Hilfsbereitschaft und die Fähigkeit zum Verzicht.
Das Buch macht deutlich, dass was immer Korczak tut, er tut es mit vollem Engagement und auf eine originelle, persönliche Art.
Als die wirtschaftliche und politische Lagen im Polen der 30iger Jahre schwieriger werden, drängen ihn seine Freunde und ehemalige Zöglinge nach Israel zu kommen. Doch Korczak bleibt in Warschau bei seinen Kindern.
Bald überschlagen sich in Warschau die unheilvollen Ereignisse. 1939: Warschau brennt und muss sich ergeben. Für Juden wird die Welt immer enger. 1940: der Weg ins Ghetto. Flecktypus, Kälte, Hunger und Tod sind nun allgegenwärtig. Korczak erbettelt Kohle und Nahrungsmittel für „seine“ 200 Kinder, behandelt ihre Krankheiten, er wird zu ihrem Vater. Die täglich Routine, Erfüllung der Pflichten, das tägliche Gebet, das Spiel verhindern den Ausbruch einer Psychose. Im Haus herrschen Friede und Ordnung. Nachts kämpft Korczak schreibend gegen das Ghetto. Freunde wollen ihn zur Flucht überreden. Gefälschte Papiere sind schon bereit. Er lehnt ab.
Er kann die Kinder im Angesicht des Todes nicht im Stich lassen.
Die „Umsiedlungen in den Osten“ beginnen. Noch wollen die Bewohner des Ghettos nicht glauben, was sie erwartet.
Als am 5. August 1942 die Waisenhäuser zum Abtransport auf den Umschlagplatz kommandiert werden, weinen und schreien die Kinder nicht. „Wer ist dieser Mann?“ fragen die Deutschen, als sie Korczak aufrecht vorangehen sehen, die Kinder voll Vertrauen ihm nach in ordentlichen Reihen. „Wenn der Doktor vorangeht, wird alles gut.“
Nach dem Umschlagplatz ist niemand von ihnen mehr gesehen worden, keiner hat Treblinka überlebt.
Janusz Korczak wurde schon wenige Tage nach seinem Tod zur Legende. - Wo andere Geschichten anfangen, hört Monika Pelz’s Buch auf. Sie schreibt nur, was verbürgt ist, in lebendiger, anrührender, erschütternder Weise. Ein umfangreicher Anhang hilft zum Verständnis der zeitgeschichtlichen Zusammenhänge. Ich finde, dass das Buch einfach und gut lesbar geschrieben ist, für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet. Es zeigt vor allem die Wirkung Korczaks auf die Gesellschaft und entwirft ein detailliertes Bild dieser eindrucksvollen Persönlichkeit, daher ist es sehr zu empfehlen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ER.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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