Ich bin Jude - Euer Antisemitismus ist mein Alltag

Autor*in
Engelmann, Reiner
ISBN
978-3-570-31535-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
256
Verlag
cbj/cbt
Gattung
Taschenbuch
Ort
München
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Büchereididaktisches MaterialKlassenlektüre
Preis
10,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein junger Jude aus Frankfurt schildert, wie ihm an einer normalen Schule Gewalt entgegenschlägt und sich weder die Lehrkräfte noch die Schulleitung verantwortlich fühlen. Durch Gespräche über die Großelterngeneration werden die Ereignisse des Nationalsozialismus greifbar; zusätzlich bindet der Autor aktuelle Ereignisse ein wie etwa den Anschlag in Halle. Eine Patentlösung, um die Mißstände zu ändern, bietet das wichtige Werk, das trotz der Romanform auch ein valides Sachbuch ist, nicht. Aber es rüttelt auf und ist als Schullektüre sehr zu empfehlen.

Beurteilungstext

Es ist harte Kost, was den jungen Leserinnen und Lesern da zugemutet wird, aber noch viel härter ist das, was Simon Weiß erlebt: Auf offener Straße wird er beleidigt, bespuckt, geschlagen, bis er blutige Wunden davonträgt, getreten, als er schon am Boden legt. Und warum? Weil ein Zettel an seinem Shirt klebt, das ihn als Jude „markiert“. Der Schuldirektor, bei dem er die Aktion zur Anzeige bringen wird, macht … nichts. Schlimmer noch, er tut das Ganze als dummen Scherz ab.
Kann so etwas wirklich sein, im heutigen Deutschland, in Frankfurt, der Stadt, die sich mit internationalen Messen schmückt und in der so viele verschiedene Sprachen zu hören sind? Leider ja. Und nicht nur dort macht sich breit, was unvorstellbar scheint: Dass Menschen aufgrund ihrer jüdischen Religion diskriminiert und ganz offen angegangen werden. In ausgesprochen bedrückenden Passagen wird sogar offen ausgelebte Aggression im Klassenzimmer geschildert, ohne jegliche Sanktionen durch die Schulleitung. Auch auf dem Pausenhof gibt es keine Unterstützung durch Lehrkräfte, wenn Angriffe passieren. Kann das wirklich sein, fragt man sich, in der zehnten Klasse eines ganz normalen Gymnasiums? Jener Schule, auf die Simon nach vielen Bitten an seine Eltern endlich wechseln durfte. Als der Direktor schließlich reagiert, besteht seine Maßnahme darin, Simon anzuweisen, er möge in der Pause im Klassenraum bleiben. Man möchte das nicht wirklich glauben. Doch selbst wenn so ein Verhalten eines Pädagogen (hoffentlich) nicht der Realität entspricht, bedarf es vielleicht gerade dieser Zuspitzung, um deutlich zu machen, dass hier an vielen Stellen etwas gewaltig schiefläuft.
Immer wieder werden, etwa durch Erzählungen des Großvaters oder die Geschichte der Großmutter, ausführliche Schilderungen der dunklen Jahre des Nationalsozialismus eingeflochten. Auch die beängstigenden Machenschaften der neuen Rechten und die gefährlichen Thesen der Impfgegner werden erwähnt, genauso wie das Problem, dass in Deutschland lebende Juden von jungen Muslimen häufig für die Siedlungspolitik Israels im Westjordanland verantwortlich gemacht werden. Für Autor Reiner Engelmann ist es nicht das erste Mal, dass er sich mit dem Thema beschäftigt; in zahlreichen seiner Bücher steht der Holocaust im Vordergrund. Gewaltprävention und Menschenrechtsbildung waren schon Schwerpunkte, als der studierte Sozialpädagoge noch im Schuldienst tätig war.
Es gibt Schilderungen von Simons Alltagsleben, wie etwa dem Schabbat, seiner Mitgliedschaft im jüdischen Fußballverein Makkabi oder der Bar Mizwa und ein mehr als dreißig seitiges Glossar. Dort werden nicht nur Begriffe erklärt, sondern auch historische Persönlichkeiten vorgestellt, die im Laufe des Buchs vorkommen.
„Ich bin Jude“ ist kein Sachbuch, allerdings wird es wohl nur von geschichtsinteressierten Jugendlichen als Roman wahrgenommen, da die Absicht in jedem Kapitel deutlich wird, den Antisemitismus anzuprangern, wiewohl es dem Autor streckenweise aber auch gelingt, die Lesenden emotional ins Geschehen hineinzuziehen. Als Schullektüre jedoch ist die Ganzschrift überaus dazu geeignet, sich mit einem so wichtigen Thema mehr als sachlich auseinanderzusetzen. Sehr empfehlenswert.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Michaela Pelz; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 21.07.2023

Weitere Rezensionen zu Büchern von Engelmann, Reiner

Engelmann, Reiner; Freund, Claudia

Stell dir vor, es wäre Frieden

Weiterlesen
Engelmann, Reiner

Der Buchhalter von Auschwitz

Weiterlesen
Engelmann, Reiner

Ich bin Jude. Euer Antisemitismus ist mein Alltag

Weiterlesen
Engelmann, Reiner; Freund, Claudia

Stell dir vor, es wäre Frieden

Weiterlesen
Engelmann, Reiner

Doch meine Seele hat Narben. Wie Niusia Horowitz dank Oskar Schindler den Holocaust überlebte

Weiterlesen
Engelmann, Reiner

Hass und Versöhnung

Weiterlesen