Guten Morgen, kleine Straßenbahn!

Autor*in
Völk, Julie
ISBN
978-3-8369-5912-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Völk, Julie
Seitenanzahl
32
Verlag
Gerstenberg
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Hildesheim
Jahr
2016
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das nahezu textlose Bilderbuch erzählt einerseits vom beschaulich-friedlichen Leben in einer geruhsamen Kleinstadt, andererseits von erstaumlichen Einbrüchen seltsamer Elemente in diese Welt.

Beurteilungstext

In den 1950er und 1960er Jahren wurden zahlreiche Bilderbücher veröffentlicht, deren Handlung in einer "Bilderbuchstadt" angesiedelt war: Überschaubar, voller Leben, aber mit mehr oder weniger allem Notwendigen, was es zum Leben braucht. Der Übergang zur Spielzeugstadt ist fließend. So beispielsweise in dem wunderbaren Bilderbuch "Pitt und das verzauberte Fahrrad" (1963) von Clemens Parma und Johanna Sengler oder auch in Hindemiths Kinderoper „Wir bauen eine neue Stadt“.

An eine solche Welt knüpft das Textlose Bilderbuch "Guten Morgen, kleine Straßenbahn" an. In Bleistiftzeichnungen wird eine autofreie Kleinstadtidylle aufgebaut, der oft verwendete Sepia-Farbton, aber auch die Formgebung der Straßenbahn verweisen in eine andere Zeit zurück. Ein nahezu unsinnig enges Schienennetz schlängelt sich durch die Stadt, "Marktplatz", "Morgenstund", "Flitzekurve", "Unterstadt" und "Tiergarten" heißen die Straßen. „Kindgerecht“ sind die städtischen Standards: Spielzeugladen, Blumenladen, Eisdiele, Zoo, Riesenrad und Schule - es fehlt eigentlich nichts, was es in der kindlichen Lebenswelt geben sollte. Als Betrachtende folgen wir der Straßenbahn durch die Stadt und lassen uns ihr Innenleben, ihre Mitfahrenden zeigen.

Bliebe es bei dieser Idylle, müsste man fragen, ob im Jahr 2016 ein solches Bilderbuch gebraucht wird - bedient es nicht nur rückwärtsgewandte Blicke auf eine vermeintlich heile Welt, die es tatsächlich niemals gab?

Natürlich gibt es in der Stadt auch viele Details zu entdecken. Im Zoo ((auch er: 50er Jahre, zum Glück muten heutige Tierparks den Tieren nicht mehr diese Enge und Kargheit zu!)) hat die Giraffe einen langen Schal um den Hals, es gibt einen Laden, der verkauft tatsächlich "Schrott", aus dem Mülleimerschlitz schauen dunkle Augen etc. Auch das entspricht noch der Idylle der Bilderbücher aus den 50er und 60er Jahren. Da gibt es aber auch Subversives zu entdecken: Immer wieder "beschmierte" Wände, dort steht "Hui" oder "Ich war hier", man findet ein "Haus des Nikolaus" und Bob das Brot. Aber vor allem ist in der Normalität viel Seltsames versteckt: Ein Mann mit Ritterhaube drückt sich an eine Plakatsäule, in der Straßenbahn versteckt er sich hinter einem Ringelstrumpf, drei haarigen Hunden, einer Stehlampe. Ein Pinguin steigt ein und wieder aus, ein Krokodil läuft durch die Straße, der Fahrer zieht ein Kaninchen aus seiner Mütze etc.

Und so fragt sich, wer hier erzählt, denn das Buch gibt uns keine Geschichte vor, keinen Text, der uns erzählt, warum der Mann sich versteckt, was der kleine Junge mit dem Spielzeugriesenrad denkt oder was die Frau mit ihrem großen Fisch vorhat. Wir, die Lesenden sind es, die die Geschichten bestimmen, die entscheiden, welche der vielen Figuren wir als Handlungsträger für unsere Geschichten nutzen, ob und wie wir die vielen Katzen integrieren, wie wir also unsere Geschichtenkleinstadt gestalten.

Diese Offenheit bietet viele Möglichkeiten für Kinder, für Kinder im Gespräch mit ihren Eltern, für die Arbeit in Kita oder den ersten Klassen der Grundschule.

Christoph Jantzen, AJuM Hamburg

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 19.12.2016

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