Eine handvoll Karten

Autor*in
Kooij, van
ISBN
978-3-7026-5817-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
270
Verlag
Jungbrunnen
Gattung
Ort
Wien
Jahr
2010
Lesealter
14-15 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Auf der Basis einiger Postkarten, Dokumenten und historischer Daten begleitet die Autorin die junge holländisch-jüdische Familie Goldstein durch die 30er Jahre, durch die Zeit der deutschen Besatzung bis hin zu ihrer Deportation.

Beurteilungstext

In kleinen Stationen beschreibt sie die Repression durch den Staat, aber auch das alltägliche Leben der Familie. Die historischen Fakten füllt sie zu einem lebendigen Bild der Familie zusammen, das auch alltägliche Freude und Glücksmomente zwischen Entbehrungen zeigt. Die Hoffnungen und Zukunftswünschen der Familienmitglieder lesen sich umso beklemmender, da man von Beginn an schon um das Ende weiß und man möchte ihnen zurufen „Flieht doch endlich!“ Unbegreiflich groß ist aber ihr Vertrauen, dass sie durch das Befolgen aller widersinnigen und rassistischen Verordnungen nicht auffallen und in Ruhe gelassen würden. Trotz aller Gerüchte über das unvorstellbar Grauenhafte taucht die Familie nicht unter.
Am Beispiel der Familie wird das unbegreifliche Vertrauen in die staatliche Ordnung und die Folgsamkeit nachvollziehbar, mit der sich die Opfer selbst zu ihrer Abfahrt in das „Arbeitslager“ bereit machen.
Mit der Geschichte der Familie Goldstein gibt die Autorin Rachel van Kooij der grossen Zahl der Ermordeten ein Gesicht. Genau das ist auch eine Botschaft der Geschichte: Wo Menschen zu einer anonymen Masse von Zahlen verschwimmen, ist Unmenschlichkeit nicht weit. Die Täter beschreibt die Autorin in einer irrwitzigen moralischen Zerrissenheit. Eine Situation zeigt dies ganz deutlich: Die Familie Goldstein soll aus ihrem Haus „umgesiedelt“ werden. Der Beamte, der die Enteignung vornimmt, beobachtet die Situation und wirkt gefangen in seinem eigenen Rechtfertigungs-Gebäude, in dem die Bezifferung von Menschen ein zentrales Distanzierungs-Mittel ist.
Das ganze Buch steht im Zeichen des „sich Hineinfühlens“ in einen anderen Menschen: Anders als der Bericht eines Zeitzeugen, beispielsweise einer Anne Frank, sind die Erzählungen von Rachel van Kooij zum großen Teil Fiktion. Sie zeigen das, was vielleicht und sehr wahrscheinlich war. Es ist eine Nachkonstruktion, die ihr erlaubt, zwischen dem Blickwinkel der Familienmitglieder und zwischen Opfer und Täter zu wechseln, was sehr spannende Perspektiven auf die Geschichte eröffnet. Doch diese Nachkonstruktion birgt auch eine Schwierigkeit. Man fühlt sich unangenehm berührt von Emotionalität, die wahr zu sein nur vorgibt. Wo Anne Frank authentisch ist, weil ihre Berichte erlebt und ihre Gefühle echt sind, wirkt eine emotionale Nacherzählung schnell „dick aufgetragen“. Dort wo rührende Situationen geschildert werden, kommt darum leicht der Beigeschmack von „großem Kino“ auf.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stef.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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