Der Wind trägt die Worte

Autor*in
Lewin, Waltraut
ISBN
978-3-570-13482-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
768
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
24,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Waltraud Lewins Buch bietet eine Fülle von Informationen über den Weg des jüdischen Volkes durch mehr als 3000 Jahre seiner Geschichte von den Anfängen bis ins ausgehende Mittelalter. Es ist durch seine besondere Erzählweise spannend und leicht lesbar - Fakten wechseln mit erfundenen Storys, durch verschiedene Schriftarten gekennzeichnet. Im Anhang befindet sich - sehr hilfreich - eine Zeittafel, eine Worterklärung sowie eine Erklärung der wichtigsten Feste des jüdischen Kalenders.

Beurteilungstext

Schon im Titel erhalten wir die erste Information: Die jüdische Religion ist eine Religion des Wortes. Der Mensch soll sich nicht an Bildern orientieren, er soll hören. Das "Schma Israel - höre Israel" ist Bekenntnis und Programm zugleich. Mit dem Hören begann die Geschichte dieses Volkes. Hören auf einen Ruf des Einzigen, Ewigen, der an den Stammvater Abraham erging. Damit begann die Wanderung eines Familienclans - wir wandern an Waltraud Lewins Hand mit, durch die Jahrtausende, hören Geschichte und Geschichten, sind berührt und oftmals auch erschüttert, entsetzt, hoffen und leiden mit, verstehen mehr.
Zunächst geht der Familienclan von Ur nach Kanaan, später nach Ägypten und - nun schon ein Volk - unter Moses Führung heraus aus der Sklaverei durch die Wüste zurück ins Gelobte Land. Hier floss nicht nur Milch und Honig, sondern auch viel Blut, bis schließlich König David die bis dahin lockeren Stammesverbände zu einem einheitlichen Reich mit Hauptstadt Jerusalem zusammenschmieden und sichern konnte. Der Friede währt nicht lange - wir hören von neuer unfreiwilliger Wanderschaft - Exil. Jerusalem ist zerstört, das zentrale Heiligtum, den Tempel mit Bundeslade und Gebotstafeln, gibt es nicht mehr. Die Bewohner, soweit noch am Leben, werden nach Babylon verschleppt. Und hier geschieht etwas wohl Einmaliges in der Geschichte: Im Zerbruch all dessen, woran man sich bisher gehalten hat, besinnt sich das jüdische Volk auf die Worte. Was bisher vielfach nur von Mund zu Mund weitergegeben wurde, wird jetzt schriftlich fixiert, zusammengestellt und auf die neue Situation angewendet. Von nun an wird das Volk Israel durch die Ausübung seiner Religion mit allen ihren Riten zusammengehalten, egal, wo auch immer es lebt.
Die Wanderung geht weiter, wieder zurück nach Kanaan, das inzwischen Judäa heißt. Wiederaufbau geht schon bald mit neuer Unterdrückung einher, im schnellen Wechsel der Weltmächte. Schließlich, nach zwei hoffnungslosen Aufständen gegen die Römer und die erneute Zerstörung Jerusalems mit Verheerung des ganzen Landes, Umbenennung in Provinz Syria-Palästina und Verbot der Ausübung der jüdischen Religion trifft die scheinbar endgültige Zerstreuung dieses Volk, in alle Winde.
Wir gehen an Waltraud Lewins Seite mit - in die Diaspora, in alle Himmelsrichtungen. Wir erleben Feindschaft, Ausgrenzung, Verfolgung, Inquisition, Zwangstaufen, aber auch Toleranz und befruchtendes Miteinander. Wir erfahren etwas über die Aschkenasim und das sagenhafte Land Sefarad, über die Suche nach den 10 verlorenen Stämmen, über weise Rabbiner und kluge Kaufleute, über Päpste und Kaiser, Pest und Kreuzzüge - und immer wieder Leiden und Vertrieben - Werden. Gleichzeitig auch wirtschaftliches Aufblühen jedes Landes, das den Juden Schutz und Zuflucht gewährte. An der Schwelle zur Neuzeit findet unsere Wanderung mit Waltraud Lewin ein vorläufiges Ende.
Gelegentlich haben mich Ungenauigkeiten beim Erzählen biblisch überlieferter Geschichten etwas gestört- so z.B. ist es wohl bekannt, wer David zum König über Israel salbte- nachzulesen bei 1.Samuel 16.; oder: der Raub der Bundeslade steht in keinem Zusammenhang mit dem Wunsch der Stämme Israels, von einem König regiert zu werden, nachzulesen bei 1.Samuel 5 - 7; oder: Esther ist nicht irgendeine Nebenfrau, sondern Königin der Perser und Meder...Auch der Gott des alten Testamentes erscheint mir etwas verzerrt dargestellt. Ganz abenteuerlich wird es, wenn Waltraud Lewin Jesus kurzerhand eine Ehefrau zuordnet, was ja ins Feld wildester Spekulationen gehört. Dieser etwas lockere Umgang mit den überlieferten Texten hat für mich die große Leistung des Werkes etwas geschmälert, das eine Brücke zum Verständnis des Weges des jüdischen Volkes ist.

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Diese Rezension wurde verfasst von ER.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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