Der Brandstifter - Die Lebensgeschichte des Joseph Goebbels

Schlagwörter

• Historisches
• Nationalsozialismus

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Joseph Goebbels war als Propagandaminister einer der mächtigsten Männer des Dritten Reiches. Alois Prinz stellt seinen Werdegang vom behinderten Sohn eines kleinen Angestellten über den Aufstieg zum Propagandaminister bis zum Selbstmord im Führerbunker dar.

Beurteilungstext

Einmal mehr gelingt es Alois Prinz, die Biographie einer berühmten Persönlichkeit auf spannende und erhellende Weise nachzuzeichnen. Während er sich bislang aber überwiegend mit vorbildlichen Menschen auseinandersetzte, eine Ausnahme ist die preisgekrönte Ulrike-Meinhof-Biographie, nimmt sich Prinz mit Goebbels einer der dunkelsten Figuren der jüngeren deutschen Geschichte an.
Die Biographie beginnt mit einem langen Prolog, der ausgehend von einem Blick auf das zerbombte Berlin Ende 1944 eine erste Annäherung an Goebbels darstellt. Dabei wird am Beispiel des Umgangs mit seinen Kindern die ihm inhärente Doppelgesichtigkeit des Denkens und Handelns bereits deutlich. Prinz wirft zum Ende des Prologs die Frage auf, „wie man sich einem wie Goebbels nähern“ (S. 27) soll, gibt aber keine einfache Antwort darauf und führt stattdessen Thomas Mann und dessen Auseinandersetzung mit Hitler an.
Grundlage für Prinz‘ in elf Kapitel gegliederte Biographie sind in weiten Teilen Goebbels‘ umfangreiche Tagebücher und Versuche als Literat, aus denen Prinz immer wieder treffende Zitate integriert, sowie Berichte von Zeitzeugen. Der Blick des Verfassers auf Goebbels wird zudem durch die Darstellung von Meinungen einschlägiger Wissenschaftler wie Hannah Arendt, Peter Sloterdijk und Johannes Fest erweitert. Neben diesen Exkursen auf der Sachebene verbindet Prinz in den erzählenden Passagen bereits Goebbels mit Hitler, indem er an einigen Stellen Goebbels Lebenslauf verlässt. Wie bei einem Szenenwechsel wird dann der Blick auf den Gefreiten Hitler und seine zeitgleichen Lebensumstände gerichtet.
Durch den Rückgriff auf die mannigfaltigen Dokumente von und über die Person Goebbels und die Art und Weise, wie sie zueinander in Beziehung gesetzt werden, gelingt Prinz eine beachtlich neutrale Beschreibung. Immer wieder versucht er Fragen nach dem Warum und Wieso im Lebenslauf zu beantworten, lässt diese aber auch häufig offen stehen und verrennt sich nicht in Mutmaßungen. So gelingt es, die Entwicklung des vom in der Schule wegen seiner Behinderung gehänselten Jungen über den antikapitalistischen und vom Schriftstellertum träumenden Studenten bis zum Familienvater und Reichsminister inklusive Freitod im Führerbunker gleichermaßen spannend-nah und kritisch-distanziert zu erfassen.
Im Anschluss an die biographische Darstellung finden sich eine übersichtliche, knapp gehaltene Zeittafel sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis, das von der intensiven Recherchearbeit des Autors zeugt. Für Interessierte werden darin hinreichend Lektürehinweise zur weiteren Beschäftigung bereitgehalten.
Prinz hat alles in allem eine lehrreiche und zugleich unterhaltsame Biographie von Joseph Goebbels vorgelegt, die ihren Wert nicht nur aus der akkuraten Recherchearbeit gewinnt. Vielmehr besteht deren Qualität anstatt in der minutiösen Nachzeichnung eines Lebens darin, dass diese unmenschliche Figur in sensibler Weise und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird, um Motive und Beweggründe für deren Verhalten zu erschließen.