Das Mädchen und der Soldat

Autor*in
Sax, Aline
ISBN
978-3-941787-70-4
Übersetzer*in
Pressler, Miriam
Ori. Sprache
Holländisch/Niederlä
Illustrator*in
de Bode, Ann
Seitenanzahl
96
Verlag
Jacoby & Stuart
Gattung
Ort
Berlin
Jahr
2016
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Belgien zur Zeit des Ersten Weltkrieges: Auf einer Bank in einem kleinen Ort nahe der Westfront begegnen sich ein blindes Mädchen und ein farbiger Soldat, der von den anderen Bewohnern des Dorfes ausgegrenzt wird. Sie treffen sich häufiger, eine Freundschaft entsteht. Doch eines Tages kehrt der Soldat nicht zurück, und das Mädchen macht sich auf, um ihn zu suchen.

Beurteilungstext

Tirailleurs sénégalais nannte man diejenigen Einheiten der französischen Streitkräfte während des Ersten Weltkrieges, die aus den durch Frankreich besetzten Gebieten des westlichen Afrikas stammten. Fasst eine Viertelmillion farbiger Soldaten kämpfte mehr oder weniger freiwillig unter der Trikolore versammelt, wobei sie häufig Diskriminierungen ausgesetzt waren und nicht selten buchstäblich als Kanonenfutter eingesetzt wurden. Die Erzählung handelt von der (fiktiven) Geschichte eines dieser Soldaten und seiner Begegnung mit einem Mädchen, das die Ängste der anderen Dorfbewohner vor dem Fremden nicht teilt. Sie nimmt seine äußerliche ›Andersartigkeit‹ zunächst auch gar nicht war, denn sie ist blind. Doch ihre anderen Sinne funktionieren dafür umso besser, und das, was die anderen als fremdartig und bedrohlich ansehen, scheint für sie einfach nur unbekannt und interessant zu sein: Der fremde Soldat duftet nach gerösteten Nüssen. Woher mag er kommen? Warum ist er hier? Zwischen den beiden entwickelt sich ein Gespräch, aus dem eine Freundschaft erwächst. Als er – anders als erwartet – nicht zum Fronturlaub ins Dorf zurückkehrt, begibt sich das Mädchen auf die Suche nach ihm.
Der Roman der Historikerin und Kinderbuchautorin Aline Sax erzählt auf sehr lesenswerte Weise davon, wie und warum Verständigung bis hin zur Freundschaft zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft gelingen kann, selbst in einer von scheinbar unversöhnlichen Gegensetzen zerfressenen Gesellschaft. Nicht zufällig wählt sie für diejenige Person, die über den Tellerrand ihrer Gemeinschaft schauen kann, ein blindes Mädchen. Zum einen, weil sie das Gefühl vermutlich kennen dürfte, anders als die anderen behandelt zu werden. Zum zweiten, weil die Frage der rassistischen Unterscheidung immer auch eine Frage der Äußerlichkeit und Sichtbarkeit ist und sich an Haut- und Haarfarbe, Physiognomie und Kleidung orientiert. Aber das Mädchen sieht nur nach innen, sie interessiert sich für den Menschen, der da so ungewöhnlich duftet. Der Soldat ist wiederum fasziniert von der Furchtlosigkeit und Neugier des Kindes angesichts des feindseligen Verhaltens der übrigen Dorfbewohner. Die Autorin setzt geschickt das Mittel der Perspektive ein, um die Schwierigkeit der von Außen skandalisierten Kontaktaufnahme verständlich zu machen, und zwar in Form eines repetitives Erzählen des gleichen Sachverhaltes sowohl aus der Perspektive des Kindes als auch des Soldaten. Sie vermittelt damit, dass sich die Furcht vor dem Anderen aufgrund dessen Unzugänglichkeit und der Unverständlichkeit seiner Äußerungen und Handlungen nur dann aufheben lässt, wenn man bereit ist, dessen Perspektive zu teilen und von der Außen- auf die Innensicht zu wechseln.
Die düsteren Bilder der Illustratorin Ann de Bode geben uns einen Eindruck davon, wie eine Gesellschaft – im wahrsten Sinne des Wortes – aussieht, in der den Meisten die Fähigkeit zum Perspektivwechsel abhanden gekommen zu sein scheint. Die kollektiven Angst- und Hassgefühle zeigen ihre Spuren in den dunkel und trostlos wirkenden Landschafts- und Personenportraits und könnten den Leser/Betrachter mit einiger Resignation zurücklassen, böte uns das Ende der Geschichte nicht ein Fünkchen Hoffnung auf ein gelingendes Miteinander jenseits aller trennenden sozialen Grenzen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von mz; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 28.08.2016

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