Barbara Schwarz und das Feuer der Willkür

Autor*in
Parigger, Harald
ISBN
978-3-401-06124-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Puth, Klaus
Seitenanzahl
142
Verlag
Arena
Gattung
Ort
Würzburg
Jahr
2007
Lesealter
14-15 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In einer Mischung aus Sachbuch und historischer Erzählung wird am Beispiel einer jungen Wirtin die Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert dargestellt

Beurteilungstext

Der Autor Parigger ist durch viele historische Erzählungen bekannt geworden, in denen er in einer Mischung aus gut recherchiertem historischen Stoff und spannend erzählter Geschichte die Vergangenheit auch für Jugendliche verständlich macht.
In diesem Buch geht er insofern einen neuen Weg, als er sehr deutlich zwischen den Sachkapiteln und den erzählenden Kapiteln trennt. Der Einstieg geschieht recht brutal durch die Äußerung eines Wärters zu seiner Gefangenen und erst nach sechs Seiten liest man, wer diese Gefangene ist, die sich in einem dunkelen Verlies befindet, angekettet wie ein Tier, von schlimmen Alpträumen geplagt: “Barbara Schwarz, Ehefrau des Hans Schwarz, Gastwirt “Zur Gans” in Bamberg,...keine Hexe.”
So nah an der Person dieser historischen Figur bleibt der Autor auch in den weiteren erzählenden Kapiteln, wenn er der Frau durch die Verhöre folgt, ihre Angst gestaltet, ihre Schmerzen nach der “peinlichen Befragung” schildert. Auch in ihren Rückblicken, wie es zu ihrer Verhaftung hat kommen können, wirkt die Erzählung nachvollziehbar und anschaulich. Da ist der neidische Nachbar, der sie anzeigt, die Hysterie der sich schneeballartig verbreitenden Hexenprozesse, die Angst der Menschen vor Hexen, aber mindestens genauso vor den Kommissionen, die zur Verfolgung der Hexen von der Obrigkeit eingesetzt wurden. Und Parigger lässt keinen Zweifel an den Motiven dieser Obrigkeit, in diesem Fall im Bistum des Weihbischofs Friedrich Förner von Bamberg um 1630. Es geht um Geld, Macht und um die Abwehr des einflussreich gewordenen Protestantismus.
In den Sachkapiteln geht Parigger der Frage nach, wie es überhaupt zu den Hexenverfolgungen kommen konnte, obwohl die Kirche jahrhundertelang die Existenz von Teufeln und Hexen geleugnet und den Glauben an solche magischen Kräfte mit Strafen verfolgt hatte. Er zielt auf den Zusammenhang mit dem schwindenden Einfluss der Kirche durch “Ketzer” und Protestanten, sodass die Kirche hier eine Kehrtwendung gemacht habe, weil ihre Vertreter die Schwächung ihrer Macht nur durch den Einfluss teuflischer Mächte zu erklären wußten. Wenn dann noch Anlässe wie Hungerjahre, Epidemien o.ä. hinzu kamen, waren viele Menschen bereit, dieser Erklärung zu glauben und die “Schuldigen” unter sich, unter ihren Verwandten, Freunden, Nachbarn zu suchen. Obwohl die Obrigkeit, Fürsten wie Bischöfe, die auch an der Einziehung des Eigentums zu verdienten, wußte, dass sie mit diesen Prozessen gegen geltendes Recht verstießen, war ihre Macht doch so groß, dass selbst Interventionen des Kaisers in einzelnen Fällen nichts erreichte.
Es ist das Verdienst Pariggers, dass er nicht nur erzählt, sondern auch z.B. durch seinen Anhang mit Worterklärungen und einer informativen Zeittafel, aufklärt und durch den konkreten Fall in seiner erzählerischen Form beschreibt, was ein Hexenprozess war und warum solche geführt wurden.
Das ist keine leichte Lektüre trotz der verständlichen Sprache, in die er selbst die Sachinformationen bringt. Denn es ist zugleich eine Geschichte über die Verführbarkeit der Menschen und ihre Fähigkeit, einander zu quälen und zu töten. Die Geschichte der Barbara Schwarz, soweit er Quellen über sie gefunden und zur Grundlage seiner erzählenden Kapitel gemacht hat, zeigt dennoch eine starke Frau, die sich zu wehren versucht.
Wie leicht dann aus einer Denunziation wegen nachbarlicher Streitigkeiten ein lebensbedrohlicher Verdacht, ein Hexenprozess werden konnte, erzählt Parigger an ihrem Beispiel.
Die Kombination von Sachtext und erzählter Geschichte macht das Bändchen auch für die auszugsweise Lektüre im Geschichtsunterricht einsetzbar.

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Diese Rezension wurde verfasst von uwo.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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