Asphaltsommer

Autor*in
Bruder, Karin
ISBN
978-3-423-62521-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
316
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2012
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Viebke flieht aus dem Altersheim, in dem sie einen Sozialdienst ableisten muss und landet im Wohnmobil eines Alten, der ebenso wie sie nach Toulouse will. Zwei sehr sperrige Menschen versuchen, miteinander klar zu kommen. Letztlich gelingt es nahezu, dem stehen aber ihre Geschichten entgegen: Viebke stammt aus einer gestörten Familie, der alte Langhans hat eine unklare Vergangenheit aus dem besetzten Frankreich mit Verrat und Tod, was ihn bis heute umtreibt.

Beurteilungstext

Die Autorin macht es dem Leser nicht leicht, die Ich-Erzählerin sympathisch zu finden, sperrig, desorientiert, unorganisiert und chaotisch, wie sie auf alle und alles reagiert. Geschickt aber baut sie Andeutungen, Anspielungen, Fragmente in die Erzählung ein, so dass der Leser sich fragt: Was ist das denn nun eigentlich für ein Mädchen, woher kommen ihre Defekte, ihre Komplexe, wie lassen sich die Panikreaktionen erklären. Stück für Stück ergänzt sich das Puzzle. Aber weder ihr Schicksal noch das des Protagonisten Langhans werden letztendlich geklärt. Die offen bleibenden Fragen sind aber auch nicht unbedingt nötig zu klären, es geht vielmehr darum, wie zwei Menschen, die sich gegenseitig misstrauen, einander nähern ,ohne sich zu nahe zu kommen. Viebke, die 17-jährige Ausreißerin, hat eine bewegte Vergangenheit, ist kriminell geworden und liebt geradezu romantisch ihren Constantin, der ohne sie nach Toulouse fuhr, und der so ganz anders ist als sie: geradlinig, zielstrebig, ehrgeizig. Viebke lernt durch Langhans ein völlig anderes Leben, eine völlig andere Lebensart kennen und nimmt sich nach jedem der sechs Tage einen anderen Berufswusch nach dem Abitur vor, sie, die bislang überhaupt kein Ziel hatte. Sie stammt aus einem Frauenhaushalt mit einer nüchtern denkenden Großmutter und einer völlig gefühlskalten Mutter und sieht sich auf ihrer Roadtour mit einem impulsiven, überzeugt auftretenden und vor allem von sich überzeugten Mann konfrontiert, der sich nicht nur nicht seiner Vergangenheit stellen will, sondern blenden, spielen, dem Gegenüber imponieren kann. Gleichzeitig ist er charmant und überzeugt das junge Mädchen von ihren eigenen Qualitäten, die sie bislang selbst nicht wahrnahm - die Mutter ignorierte sie einfach. Erst am Ziel angekommen, versagt der Alte und bricht endgültig zusammen. Viebke ist völlig überfordert und Constantin findet sie - es besteht eine Hoffnung. Was aber die Widerstandbewegung und Langhans betrifft, bleibt vieles unklar.
Die lebendige Erzählung aus der Sicht der 17-Jährigen fasziniert wirklich. Ihre Unsicherheit bewegt die Handlung, das Agieren des Alten befremdet nicht nur sie. Und nebenbei stellen sich viele Fragen, die über die Résistance, die deutsche Besetzung Frankreichs weit hinausragen, Fragen nach der Moral eines Widerstands - und keine Antwort wird einfach gemacht: der Leser muss sich selbst bemühen.
Auf der Auswahlliste des LesePeters. Cjh12.14

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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