An einem anderen Ort. Geschichten vom Reisen

Schlagwörter

• Abenteuer
• Freundschaft
• Reisen

Teaser

Passend zur Ferienzeit erscheint in der Reihe Hanser diese Anthologie mit Kurzgeschichten von 16 Autoren und Autorinnen über das Reisen, über die Sehnsucht nach Abenteuer und Fremde, nach Freiheit und Unabhängigkeit, über die Flucht in fremde Welten, über das Verwirklichen und Scheitern von Träumen.

Beurteilungstext

In “Dry your eyes” von Jefferson Chase begeben sich der Ich-Erzähler und sein bester Freund Gennaro nach dem Schulabschluss auf einem Internat in den USA zum Feiern nach England, um ihre gewonnene Freiheit zu genießen. Es ist ihr erster gemeinsamer Urlaub, der auch der Beste werden soll. Es hat den Anschein, als sollte es tatsächlich der beste Urlaub werden. Doch das unerwartete Coming-Out von Gennaro und sein Geständnis, sich in den Ich-Erzähler verliebt zu haben, führt zu einem abrupten Ende des unbeschwerten Urlaubs und ihrer Freundschaft. Der letzte Urlaubstag wird zur Qual. Was bleibt ist die Erkenntnis eines Songtextes: “In one single moment your whole life can turn ´round.” (S.154). Nichts ist mehr, wie es war.
In “Die achte Welt” von Fridolin Schley stößt der Ich-Erzähler bei der Zusammenstellung eines Dokumentarfilms für die Bewerbung an der Münchener Filmhochschule bei der Durchsicht alter Videoaufnahmen seiner Familie auf ein Verhältnis seiner Mutter. Anhand einer einzigen Geste, die seine Mutter lange vor seiner Geburt neckisch an den filmenden Vater richtete und die Jahrzehnte später in einem Cluburlaub, zu dem nur die Mutter mit Tochter und Sohn reiste, auf einem verwackelten Video des damals kindlichen Protagonisten erneut auftaucht, deckt er den Betrug seiner Mutter an seinem Vater auf. Er will seinem Vater diesen Betrug vor Augen führen und schiebt im bei einem ihrer gemeinsamen Videoabenden, an denen sie die alten selbst gedrehten Familienvideos alle gemeinsam noch einmal anschauen, dieses Band eines längst vergangenen Sommers unter - um festzustellen, dass offensichtlich alle außer ihm davon wussten.
14 weitere Kurzgeschichten, u.a. zum Beispiel von Alexa Henning von Lange, Jens Petersen und Henriette Kuhrt, handeln auf die eine oder andere Weise vom Reisen. Die Protagonisten lassen den Leser für einen kurzen Augenblick an ihrem Leben teilhaben, lassen ihn ein kurzes Stück des Weges mit sich gehen, teilen eine Reise mit ihm und lassen ihn dann wieder allein zurück.
Diese Sammlung von melancholischen, heiteren, tiefsinnigen, oberflächigen, traurigen oder fröhlichen Geschichten über das Verreisen ist vor allem den Daheimgebliebenen zu empfehlen, denen sich so die Möglichkeit bietet, fremde Orte und Welten erkunden. Da die Protagonisten alle zwischen 15 und 25 Jahre alt sind, richtet sich diese Anthologie vor allem an Leser ab 15 Jahren.
Als Resümee bleibt die Feststellung: Schade, dass man manche Figuren nur ein klitzekleines Wegstück begleitet - hin und wieder wüsste man gerne, wie es weiter geht.