Zikade

Autor*in
Tan, Shaun
ISBN
978-3-8489-0163-0
Übersetzer*in
Schönfeld, Eike
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Tan, Shaun
Seitenanzahl
38
Verlag
Aladin
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Stuttgart
Jahr
2019
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
17,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Die kurze Geschichte einer Zikade, die im Hochhausbüro Daten bearbeitet.

Beurteilungstext

„Zikade arbeitet in Hochhaus. Dateneingabe. Siebzehn Jahre. Kein Tag krank. Kein Fehler. Tack Tack Tack.“ So fängt eine Geschichte an, die keine wirkliche Geschichte ist, sondern die Beschreibung einer Existenz am unteren Ende der sozialen Hierarchie. Alles ist grau und rechtwinklig. Der Boden grau, die Wände grau, die Schränke grau, der Chef, den wir von den Schultern abwärts sehen, natürlich auch. Nur Zikade ist nicht grau, obwohl sie in einem grauen Anzug steckt. Ihr Kopf ist grün mit zwei riesigen schwarz glänzenden Augen, mit denen sie gerade mal über die Tischkante schauen kann, um die Befehle der nächsthöheren Instanz entgegenzunehmen. „Siebzehn Jahre. Nicht befördert. Personalabteilung sagt, Zikade kein Mensch. Braucht kein Geld. Tack Tack Tack.“ So verkümmert wie die Sprache ist auch das Geschehen, beklemmend, ohne Witz und Ironie. Worüber sollen wir lachen, wenn wir dieses Buch mit unseren Kindern – ach du lieber Gott – aufschlagen und nach zwanzig Seiten noch immer keinen Notausgang gefunden haben, und wenn befreiendes Gelächter sich nicht einstellen will. Zikade wird getreten, gedemütigt und nach siebzehn Jahren entlassen. „Keine Arbeit. Kein Zuhause. Kein Geld. Zikade geht aufs Hochhausdach. Zeit für Abschied. Tack Tack Tack.“ Da steht sie oben auf dem Sims und die Erwartung stellt sich ein, dass sie sich in die Tiefe stürzt, was aber nicht geschieht. Im Gegenteil. Zikade reißt auf, sie häutet sich, und heraus kommt ein leuchtend rotes Insekt, das die Flügel ausbreitet und als Insekt unter tausend anderen, ebenfalls leuchtend roten Insekten die graue Stadt verlässt. „Alle Zikaden fliegen zurück in Wald. Denken manchmal an die Menschen. Müssen dann lachen.“
Wir lachen nicht. Wir freuen uns zwar mit der Figur, der es gelingt, sich zu befreien, doch wir wissen auch, eine solche Verwandlung vom Grau ins Rot wird uns nicht gelingen, uns wachsen keine Flügel, wir sind nicht gleich unter Gleichen, wir kämpfen jeden Tag um Anerkennung und sind zufrieden, wenn es ein Wesen gibt, das wir – und sei es nur in unserer Fantasie - treten können, so wie Zikade von den Kollegen getreten wird. „Kollegen mögen Zikade nicht. Sagen Sachen. Machen Sachen. Finden Zikade dumm. Tack Tack Tack.“ Hier wird nicht geklagt oder angeklagt. Hier wird einfach nur der Mensch im Zustand funktionaler Entfremdung beschrieben. Das müssen Kinder nicht verstehen, wenn ihre Eltern es schon nicht verstehen. Aber vielleicht wirft dieses Buch ja eine Frage auf, die zwischen Groß und Klein erörtert werden kann.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von bf; Landesstelle: Bremen.
Veröffentlicht am 23.09.2019

Weitere Rezensionen zu Büchern von Tan, Shaun

Tan, Shaun

Geschichten aus der Vorstadt des Universums

Weiterlesen
Tan, Shaun

Die Fundsache

Weiterlesen
Tan, Shaun

Die Fundsache

Weiterlesen
Tan, Shaun

Geschichten aus der Vorstadt des Universums

Weiterlesen
Tan, Shaun

Zikade

Weiterlesen
Tan, Shaun

Geschichten aus der Vorstadt des Universums

Weiterlesen