Super Reich

Autor*in
Horvath, Polly
ISBN
978-3-7725-2894-1
Übersetzer*in
Brauner, Anne
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
292
Verlag
Freies Geistesleben
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Stuttgart
Jahr
2020
Lesealter
10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Rupert stammt aus einer armen, kinderreichen Familie. Am Weihnachtstag gelangt er mehr oder weniger zufällig am reich gedeckten Mittagstisch der Familie Rivers. Als er dann auch noch beim Spielen eine Glückssträhne hat, kann er es kaum fassen. Doch wie gewonnen, so zerronnen ... oder?

Beurteilungstext

Das romantisch illustrierte Cover, das einen Jungen in verschneiter Landschaft vor einer Villa zeigt und die angedeutete Handlung auf der Umschlagrückseite lassen den Leser ein Wintermärchen á la Charles Dickens erwarten. Zuerst scheint es auch so, doch irgendwie hat die Erzählung einen komischen Nachgeschmack bei mir hinterlassen.
Besonders die Darstellung der armen Familie Brown (Vater arbeitslos, Mutter verdient nur wenig, die großen Brüder sind als Rowdys und Diebe bekannt, der Protagonist Rupert geht neben seinen vielen Geschwistern fast in Vergessenheit, die Eltern haben wohl den Überblick verloren, wie viele Kinder sie überhaupt haben) wirkt im ersten Moment für mich gewöhnungsbedürftig und stereotyp (ich hatte bei den Schilderungen der Wohnung und der Familie immer Bilder von der Jahrhundertwende im Kopf, aber tatsächlich spielt das Buch ja in der Gegenwart). Die Stimmung ist anfangs extrem bedrückend. Aber vielleicht zeigt das auch genau das, was die Autorin in ihrem Buch thematisiert: Den großen Unterschied zwischen denen, die sehr viel haben - die reiche Familie Rivers - und denen, die nichts haben - die Familie Brown.
Der zehnjährige Rupert ist so an den schlichten Alltag in seiner Familie gewöhnt, in der jeder Tag dem anderen gleicht, dass er am Weihnachtstag als einziges Kind vor der Schule steht. Er hat schlicht und einfach vergessen, dass Weihnachten ist - und keiner in der Familie hat bemerkt, dass er das Haus verlassen hat. Es herrscht eine unfassbare Gleichgültigkeit, die man ansatzweise verstehen kann, wenn man hört, wie hungrig Rupert ist, wie sehr er durchgehend mit seinem Hunger und der Armut beschäftigt ist; so wird es vermutlich auch den anderen Familienmitgliedern gehen. Jeder denkt erst einmal an sich selbst - wobei das für Rupert nicht unbedingt stimmt, denn er kümmert sich liebevoll um seine kleine Schwester.
Im krassen Gegensatz steht die Familie von Turgid Rivers, die Rupert am Weihnachtstisch aufnimmt, an dem er sich satt essen und sein Glück kaum fassen kann. Die Selbstverständlichkeit, mit der die wohlhabenden Menschen mit ihrem Reichtum umgehen und in seiner Gegenwart sprechen, ist ein wenig schockierend und teilweise unangenehm zu lesen - es hat etwas von fremdschämen.
Der Beginn der Erzählung hat wie gesagt etwas von einem Weihnachtsmärchen; der kleine Junge, der immer davon träumt, seiner Familie zu helfen, gerät durch Zufall in eine Situation, mit der ihm das gelingen könnte. Aber dann kommt doch alles anders als erwartet und die Geschichte macht eine Wendung ins Skurril-Unrealistische.
Die Figuren sind alle gut gezeichnet, mit Ecken und Kanten und hervorstechenden Eigenschaften, aber eben wie Romanfiguren und nicht wie realistische Menschen. Vor allem die Reichen mit ihrer Arroganz und Ignoranz, die dem Leser immer mal den Atem stocken lassen, kann und will man sich gar nicht vorstellen. Andere Szenen sind aufgrund ihrer Skurrilität und Fantasie sehr witzig, aber alles in allem ein eher trauriges Buch, denn auch in den Momenten, in denen es Rupert scheinbar "gut" geht, verspürt man seine Traurigkeit und Sorge um die Situation der Familie. Ich finde nicht, dass Bücher unbedingt eine Moral haben müssen, aber dieses Buch hat mich ratlos hinterlassen, denn nach all den Abenteuern, die Rupert erlebt (und bei denen man immer hofft, dass es dem "Helden" der Geschichte am Ende doch noch gelingt, der Lebenssituation eine gute Wendung zu bringen), bleibt am Ende nichts als die traurige Botschaft, dass alles so bleibt, wie es war ...

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von 76; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 27.11.2020

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