Stadt am Meer
- Autor*in
- Schwartz, Joanne
- ISBN
- 978-3-8489-0144-9
- Übersetzer*in
- Ott, Bernadette
- Ori. Sprache
- Englisch
- Illustrator*in
- Smith, Sydney
- Seitenanzahl
- 50
- Verlag
- Aladin
- Gattung
- BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
- Ort
- Stuttgart
- Jahr
- 2018
- Preis
- 18,00 €
- Bewertung
Teaser
Kindheit in einem Kohlestädtchen an der kanadischen Küste in den 1950er Jahren: Der namenlose Ich-Erzähler unbestimmten Alters, vielleicht ist er 6 Jahre alt, lässt uns an seinem Tageslauf teilnehmen, in dem die Arbeit des Vaters unter Tage immer im Hintergrund präsent ist.
Beurteilungstext
Auf Doppelseiten gestalten Illustrator und Autorin den Alltag des Jungen: Der Vater geht aus dem Haus; der Junge wacht auf zu den alltäglichen Geräuschen; er sieht aus dem Fenster aufs Meer; er weiß, dass sein Vater bereits unter dem Meer nach Kohle gräbt; er geht mit seinem Freund zum Spielen; er kommt mittags nach Hause; er geht einkaufen; der Vater kommt abends wohlbehalten wieder nach Hause; die Eltern trinken einen Tee auf der Terrasse; die Sonne geht im Meer unter; der Junge geht schlafen und hört die alltäglichen, vertrauten, abendlichen Geräusche.
Manche der Doppelseiten sind als eine Illustration durchgestaltet, so das Bild der Familie am Abend auf der Terrasse oder die regelmäßig mit leichten Variationen wiederkehrende Illustration zum ebenso leicht variierten Satz "Und tief drunten im Meer gräbt mein Vater nach Kohle", aber auch verschiedene Blicke aufs Meer. Andere Doppelseiten bestehen aus mehreren Illustrationen, die zu einem Sachverhalt oder einer Stimmung gehören: Schichtbeginn und Einfahren der Kumpel, das Aufwachen zu den vertrauten Geräuschen, der Besuch des Grabes des Großvaters auf dem Friedhof am Meer.
Das Ende des Buches ist der Ausblick des Ich-Erzählers auf seine Zukunft: Eines Tages wird er als Bergmann unter Tage bzw. unter dem Meer arbeiten: "Eines Tages bin ich an der Reihe. Ich bin der Sohn eines Bergmanns. So ist das bei uns."
Die Autorin, die in einer der Bergbau-Städte in Nova Scotia aufgewachsen ist, erzählt hier vielleicht aus der Perspektive eines Kindes der Generation ihrer Eltern, für die die Zukunft noch so klar geregelt erschien wie für diesen Jungen. Die Sicherheit, die dadurch entsteht, ist deutlich, ebenso aber kommt zum Ausdruck, dass die Arbeit unter Tage nicht ungefährlich ist und auf jeden Fall hart. Der Vater kommt von der Arbeit nach Hause, und "sein Gesicht ist schwarz von der Kohle. Er sieht müde aus... Seine lange Schicht drunten im Schacht ist vorbei und er ist wieder zu Hause. Gesund und wohlbehalten." Der Junge denkt an „die hellen, langen Sommertage und an die finsteren Stollen im Bergwerk."
Die Illustrationen tragen diese unterschiedlichen Stimmungen mit: Helle, ruhige, schöne und Sicherheit ausstrahlende Bilder illustrieren die Tage des Jungen, dunkel und mächtig ist der Flöz über den unter Tage arbeitenden Bergleuten gezeichnet. Das Meer glitzert in der Sonne, Blumen am Wegrand wiegen sich im Wind, und die Kinder schaukeln bis in den Himmel. Die Bergleute hingegen strömen als kleine Männchen zur übergroß wirkenden Zeche, fahren in engen Loren ein und müssen unter Tage gebückt gehen bei ihrer Arbeit, ja sind gelegentlich vom Schwarz wie verschluckt.
Ein poetisches und beeindruckendes Buch, das auf der einen Seite eine vergangene Welt darstellt, auf der anderen Seite aber mit dem kindlichen Blick auf das Leben der Erwachsenen auch Erleben und Erfahrungen heutiger Kinder widerspiegeln kann.