Sommer unter schwarzen Flügeln

Autor*in
Martin, Peer
ISBN
978-3-7891-4297-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
528
Verlag
Oetinger
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2015
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nuri und ihre Familie leben in einem Flüchtlingsheim in einem sozialen Brennpunkt. Nach allen Erlebnissen in Syrien und der Flucht sind nun die Neonazis eine reale Bedrohung. Calvin, der Neonazi, verliebt sich zunächst in Nuris Geschichten,- sie wirken wie die Geschichten der Scheherzerade aus 1001 Nacht - und dann in sie. Dies erhöht die Gefahr für alle Beteiligten.

Beurteilungstext

In der Tradition der Scheherezade erzählt Nuri aber reale Episoden aus Syrien vor und während des Bürgerkrieges. Eigentlich will sie nicht über die erlebten Grausamkeiten und dem behüteten Leben vor dem Bürgerkrieg sprechen, aber sie wählt Calvin, den Neonazi, um zu erzählen und zieht ihn schnell in den Bann. “Die Worte hatten Widerhaken”. Beide verbindet eine unsichtbare Wut über die eigene Ohnmacht.
Calvin wehrt sich standhaft gegen den Sog, den die Geschichten haben, gegen das Informieren und Nachdenken, aber er verliert gegen sich selbst. Die Treffen sind gefährlich, und ein Ausstieg aus der Gruppe der Neonazis noch gefährlicher und eigentlich unmöglich.
Das Erzählen verändert beide, es macht sie stark, aber die Liebe löst keine Probleme, die schafft welche.
Calvin ist ein typischer Neonazi: Ein Sprücheklopfer, ein Looser, unsensibel, sein Vater ist Mitglied der NPD. Allerdings kümmert er sich um seine beiden Brüder, er übernimmt die Elternrolle.
Die Gruppe ist ebenfalls seine Familie, die Pläne gegen die Asylanten geben dem Leben Perspektive.
Nuri ist eine Asylantin, die ihr Vorkriegsleben in Syrien vermisst. “Was gibt es in Deutschland zu leben? Zu lieben? Aber in Damaskus ist kein sicheres leben möglich”. In Deutschland auch nicht, aber die Gefahren für Leib und Leben sind nicht wirklich vergleichbar. Es wird aber deutlich, dass die Gefahren in allen Diktaturen für den Einzelnen vergleichbar sind, Überwachung, Gewalt gegen vermeintliche Feinde, Missachtung der persönlichen Meinung, Willkür. “Überlebende haben eine Verantwortung. Sie sind da, um etwas zu ändern”, sagt Frau Silbermann, die als Jüdin den nationalsozialismus überlebt hat und zunächst eher widerwillig Nuri und Calvin Raum gibt für die Treffen.
Auch der unsensible Umgang mit Asylbewerbern durch die Politik wird klar.
Der Autor hat lange als Sozialarbeiter mit Neonazis gearbeitet und kennt die rechte Szene.
Einige Wendungen sind märchenhaft. So stellt sich die Frage, ob die Gastfreundschaft so weit gegen würde und ob es wirklich möglich ist, in seinem Viertel mit veränderter Kleidung nicht wahrgenommen zu werden.
Das Besondere an diesem Buch ist die Machart. Nuri erzählt in einer wunderbaren Sprache, die magische Wirkung wirkt auch auf den Leser, Calvins Sprache ist zunächst Floskelhaft, hart, abwertend.
Jedes Kapitel beginnt mit Zitaten von Politikern, dem Koran, Parolen der Neonazis u.ä.. Jedes Kapitel endet mit einem Hinweis zur Internetrecherche einiger weniger Begriffe und Fakten.
Das Buch wird abgerundet durch ein Quellenverzeichnis.
Fazit: Ein absolut lesenswertes Buch. Preisverdächtig!

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Diese Rezension wurde verfasst von Fee.
Veröffentlicht am 01.07.2015

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