Blut und Schokolade

Autor*in
Martin, Peer
ISBN
978-3-7513-0023-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Schneider, Frauke
Seitenanzahl
482
Verlag
Dressler
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2021
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Manal lebt in Berlin und arbeitet in einem Geschäft einer kleinen Schokoladenmanufaktur. Issa macht sich auf den Weg an die Elfenbeinküste, um seinen Bruder aus der brutalen Arbeit auf einer Kakaoplantage zu befreien. Als sich Manals und Issas Wege kreuzen, ist die junge Frau schockiert über die Zustände auf Plantage und versucht alles, um Issa und den Kindern zu helfen.

Beurteilungstext

Manal lebt in Berlin und arbeitet in einem Geschäft einer kleinen Schokoladenmanufaktur. In Berlin ist sie die Andere, weil ihre Haut zu dunkel ist. Sie gilt als außerordentlich schön, aber eben als Dunkelhäutige. Die Familie ihrer Mutter stammt von der Elfenbeinküste, die Generationen zuvor versklavt wurde. Ihr Onkel und ihre Tante leben noch immer dort, betreiben eine kleine, bescheidene Farm mit wenigen Kakaobäumen, die im Urwald direkt in der Nähe des Wohnhauses wachsen dürfen. Manal beschließt endlich, sich aufzumachen und ihre Wurzeln in Afrika zu suchen.
Auch Issa macht sich auf den Weg an die Elfenbeinküste. Doch seine Motivation ist eine ganz andere. Er möchte seinen Bruder finden, der Jahre zuvor wegging, um Geld zu verdienen. Issa hat lange geforscht und glaubt den Ort ausfindig gemacht zu haben, an dem Yaya jetzt lebt: eine Kakaofarm, die Kinder anheuert, um deren Arbeitskraft auszunutzen, um viel Kakao nach Europa liefern zu können. Er erreicht die Farm, heuert dort an und findet seinen Bruder. Unter unmenschlichsten Bedingungen müssen die Kinder schuften, um beinahe unmögliche Ernteziele zu erreichen.
Manal wiederum liebt es bei ihrem Onkel zu sein. Gleichzeitig merkt sie, dass sie auch hier in Afrika als Exotin gilt, denn ihre Haut ist zu hell. Sie ist zwar wunderschön, aber irgendwie eine Art Geistermädchen.
Issas und Manals Wege kreuzen sich, als er gebrochen am Rand der Kakaofarm liegt und versucht, Malariamedikamente für einen neu angekommenen Jungen zu erbetteln. Der Schock über den Zustand der Menschen auf der Farm sitzt tief und Manal versucht alles, um Issa und den Kindern zu helfen.
Zur gleichen Zeit versucht ihr Vater in Berlin die Geschichte der Sklaverei der Familie seiner Frau in Worte zu fassen. Das Schreiben fällt Pieter schwer, denn die Familiengeschichte seiner Frau ist gleichsam grausam wie rührend. Und während er schreibt, sorgt er sich um seine Tochter. Denn die Ereignisse an der Elfenbeinküste überschlagen sich, die Farm des Onkels geht in einem Buschfeuer unter und als von Manal kein Lebenszeichen mehr zu hören ist, reisen ihre Eltern umgehend nach Afrika.
Das Buch erzählt drei eigentlich verschiedene Handlungen, jeweils aus der Sicht Manals, Issas oder Pieters. Mehr und mehr verflechten sich die Geschichten der einzelnen Personen miteinander und werden im Laufe des Buches zu einer Geschichte: Die Geschichte der Sklaverei, die für viele Menschen hierzulande als überwunden gilt. Tatsächlich aber gibt es Sklaverei in Form von menschenverachtender Ausbeutung weltweit und die Kakaoproduktion ist letzten Endes nur ein trauriges Beispiel. Nutzen aus solch ausbeuterischer Arbeit ziehen nach vor wie reiche Staaten mit überwiegend weißer Bevölkerung, während arme Menschen mit dunkler Haut schwer und unter unerträglichen Bedingungen, teilweise ganz ohne Lohn, arbeiten müssen.
Neben Sklaverei und Menschenhandel wird im Buch auch die Abholzung des Urwaldes als Teil des Problems thematisiert. Denn der Kakaobaum wächst eigentlich am Besten im Schutz großer Urwaldbäume, doch die Ernte ist dann schwieriger. Skrupellose Besitzer großer Plantagen roden daher die Wälder. Teilweise legen sie Feuer bewusst so, dass kleine Kakaobauern geschädigt werden und bekommen nur geringe Geldstrafen. Das so gewonnene Land müssen sie nicht zurückgeben, nichts aufforsten. Mensch und Umwelt kommt zu schaden, damit in Europa Schokolade wie ein Grundnahrungsmittel konsumiert werden kann.
"Blut und Schokolade" ist ein grausames Buch, denn es hinterfragt dass, was uns lieb ist: Die Schokolade bei Kummer, den heißen Kakao am Kamin oder die süß-schmelzende Süßigkeit für zwischendurch. Wie kann ich etwas noch mögen, dass unter solch verheerenden Bedingungen produziert wurde? Es gibt Firmen und Label, die fair produzieren, die auf Ausbeutung und Raubbau verzichten. Diese Schokolade ist zwar teuer, aber das sollte uns ihr Preis wert sein. Peer Martin ist hier erneut ein Buch gelungen, das wachrüttelt. Die Geschichte ist hochspannend und brutal ehrlich geschrieben. Eine Leseempfehlung gebe ich daher erst ab 16 Jahren, da jüngere Leser*innen das Thema eventuell noch nicht vollständig verarbeiten können. Als Unterrichtsstoff in höheren Klassen zum Beispiel im Englisch- oder Gesellschaftsunterricht ist dieses Buch als Lektüre und Diskussionsgrundlage sehr zu empfehlen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Veröffentlicht am 03.01.2022

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