Schnipselgestrüpp

Autor*in
Duda, Christian
ISBN
978-3-905871-16-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Friese, Julia
Seitenanzahl
44
Verlag
Bajazzo
Gattung
BilderbuchFantastikSachliteratur
Ort
Gossau / Zürich
Jahr
2010
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Eltern eines Jungen sitzen in ihrer tristen Wohnung vor dem Fernseher. Am Nachmittag kommt der Junge (ohne Namen) aus der Schule. Er geht in sein - bis auf ein Etagenbett - leeres Zimmer. Als Teppich dienen Zeitungen. Aus diesen Zeitungen schneidet, klebt, bastelt er sich seine Welt. Er gestaltet seine Traumwelt, seine Abenteuer, taucht in diese ein und lädt sogar Vater und Mutter in seinen Dschungel ein.

Beurteilungstext

Am Ende des Buches lauern Gottesanbeterin (Junge) und Frosch (Vater) im Unterholz, und die Mutter mit Blüte im Haar schlägt Wurzeln.
Das Bilderbuch zeigt die Lebenswelt, die Wohnung eines Jungen, der gerade nach der Schule nach Hause gekommen ist. Sein Zuhause ist trist und arm. Die Eltern sitzen stumm vor dem Fernseher. Deprimierend! Erwachsene Bilderbuchleser assoziieren Unterschichtenmilieu, Hartz IV und Arbeitslosigkeit, Armut, materielle (“Wir haben keinen Geldscheißer!”) und mentale Kargheit. Man hört förmlich den dauerplappernden Fernseher aus den ersten Seiten heraus, obwohl er gar nicht im Bild erscheint.
Inmitten dieser trostlosen Welt , in seinem Zimmer, sitzt ein hübscher, aufgeweckter Junge (der so gar nicht zu den Eltern passen will). Er konstruiert sich seine Welt - ganz kreativ, kunstvoll, absurd. Der Teppich nämlich in seinem Zimmer ist aus Papier, aus alten Zeitungen (“Der kostet nichts!”). Aus den Zeitungsfotos schneidet der Junge mit der Schere “Schnipselgestrüpp”- und schon ist seine Welt voller Abenteuer: Flugzeuge, Schiffe, Amerika, Europa, Fische, Saurier, Raketen, Krieg usw. tauchen auf - und speziell das Bild und die Informationen zum Thema “Gottesanbeterin” ziehen den Jungen so in seinen Bann, dass er sich in diese Heuschrecke verwandelt. “Es funktioniert, weil ich es will”, sagt der Junge und steckt seinen Vater an mit seiner Lust, Laune, Energie und Kraft. Der Vater lässt sich nach anfänglichem Zögern (“So ein Quatsch!”) auf ein Verwandlungsspiel ein: Er wird zum Frosch. Sie kichern. Herrlich, wie im sonst trostlosen Zimmer ein grünes Biotop wächst, in dem Gottesanbeterin und Frosch ihren Platz haben und wie der Mutter auf der nächsten Seite plötzlich eine rote Blüte im Haar steckt.
Ein resilientes Kind, ein Junge, der mit seinen Lebensumständen umzugehen weiß, sich selber wertschätzt und selbswirksam agiert - es gelingt ihm sogar, die Eltern zu aktivieren.
Das Bilderbuch thematisiert eine Realität für manche (und zunehmend mehr) Kinder. Zarte, dennoch ausdrucksvoll und deutlich gestaltete doppelseitige Bilder, klar gezeichnet mit fettem Kohlestrich und in klarer Sprache dargestellt, klare Ansage! Kann man so Zeitzeichen dieser Art begegnen und Mut und Fantasie zum Thema so in den Mittelpunkt stellen? Ja, diesen beiden Künstlern ist es gelungen. Ein kostbares Buch für alle Kinder, auch für die, die betroffen sind und nicht von früh an mit Bilderbüchern aufwachsen.


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Diese Rezension wurde verfasst von Sch-H.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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