Pssst!

Autor*in
Herzog, Annette
ISBN
978-3-7795-0556-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Clante, Katrine
Seitenanzahl
96
Verlag
Peter Hammer Verlag
Gattung
ComicTaschenbuch
Ort
Wuppertal
Jahr
2016
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Ein als Comic gestalteter Wegbegleiter durch die stürmische und aufregende Zeit der Verwandlung vom Mädchen zur jungen Frau.

Beurteilungstext

Annette Herzog und Katrine Clante nähern sich in zwölf Kapiteln auf humorvolle Weise den wirklich schwerwiegenden und existenziellen Fragen aus der Sicht eines Mädchens, das dabei ist, sich von seiner Kindheit zu verabschieden. Das vollfarbig illustrierte Buch ist wie ein Comic aufgebaut, der durch Collagen ergänzt wird. Die Collage ist hier das Ausdrucksmittel der Wahl, denn die Protagonistin Viola stellt fest, dass ihr nur Fragmente der Wirklichkeit zur Verfügung stehen, die sie zusammentragen muss, um herauszubekommen, wer sie eigentlich ist.
Sonst hatte Viola immer ihrem Opa die Fragen gestellt. Violas Opa war Tischler, und wenn er nicht sofort eine Antwort auf ihre Fragen wusste, baute er noch einen Tisch, denn "Tische kann man nicht genug haben". Doch der Opa stirbt, nachdem er seinen eigenen Sarg fertig gebaut hatte. Nun könnte er ihr eigentlich beantworten, ob es schlimmer ist, tot zu sein oder nicht geboren.
Viola ist kein kleines Mädchen mehr, aber auch noch nicht erwachsen, sie ist eher auf dem Weg zur Jugendlichen. Mit Verwirrung, Ratlosigkeit und Neugier beobachtet sie die Veränderungen, die mit ihr geschehen. Sie wundert sich, dass sie gar nicht weiß, wer sie eigentlich ist, obwohl sie doch rund um die Uhr mit sich selbst zusammen ist. Ihre Umwelt spiegelt ihr dazu auch ganz widersprüchliche Informationen. Immer scheint es zwei völlig unterschiedliche Ansichten der selben Sache zu geben. Ihr Vater sagt bspw., sie käme immer auf den letzten Drücker, doch der Junge, mit dem sie morgens zur Schule fährt, wundert sich, warum sie immer so früh da ist, oder: Ein Mädchen in der Schule bezeichnet sie als dick, während ihre Mutter sie zum Essen anhält, weil sie dünn sei, wie ein Strich in der Landschaft. Viola weiß nicht einmal, welches ihre Lieblingsfarbe ist, denn jede Farbe, die sie schön findet, kennt sie auch aus negativen Kontexten und dann mag sie die Farbe gar nicht. Rot war einerseits das schöne Fahrrad, das sie zum Geburtstag bekommen hat, aber das Blut einer Verletzung war auch rot. Sie erstellt Listen, mit Dingen, die sie über sich weiß und Listen, wie sie mal war und wie sie nicht sein möchte, z.B. "erwachsen / eine dumme Tussi mit Stroh im Kopf / arm".
Sie geht mit einer gewissen Strategie vor, schaut auf ihren Stammbaum, befragt ihre Oma, die so ganz anders ist als ihre Mutter. Viola stellt einen direkten Vergleich an zwischen sich und einem Zitronenfalter, verpuppt sich in ihrem Schlafsack und wacht erschrocken auf, als verstörendes Wesen mit Busen und Haaren unter den Armen und an der Scheide.
Die Illustratorin und die Autorin finden überzeugende, alltägliche Szenen, die aufzeigen, welche großen Fragen hinter dem Zweifeln, Aufbegehren, der Wut oder Scham des Mädchens stecken. Die sensiblen und gleichzeitig witzigen, dynamischen Zeichnungen illustrieren kongenial den Text, der sich in Form und Ausdruck immer dem zentralen Inhalt der Identitätssuche beugt. Interessant ist besonders, wie sie es ihnen stilistisch gelingt, Violas Erfahrung von Relativität umzusetzen. Eine Art schnell wechselnder Zoom, gedanklich sowie bildlich, wendet den Blick von den kleinen Dingen wie Ameisen und Menschen und Problemen wie Haaren unter den Armen ins unendliche Weltall. Doch als es Viola nachts siedend heiß einfällt, dass sie vergessen hat, zu morgen die Bücher einzuschlagen und demzufolge als Einzige von der Klassenfahrt ausgeschlossen werden wird, sind ihre Probleme wieder riesengroß und real.
Der Titel "Pssst!" verspricht nicht zu viel: Herzog und Clante lassen die Leserin an Violas Geheimnissen, Ängsten, Wünschen und Träumen, die man nicht ohne weiteres jedem erzählen möchte, teilhaben. Ein wunderbares Buch, das sich ganz direkt an junge Mädchen wendet, in ihrer Sprache spricht, zeigt, was ihnen wichtig ist und auf ganz unauffällige, "unpädagogische" Weise wichtige pädagogische Arbeit leistet.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Veröffentlicht am 24.01.2017

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