Paulette und Minosch

Autor*in
Hau, Kerstin
ISBN
978-3-942795-90-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Schöbitz, Raffaela
Seitenanzahl
32
Verlag
Kunstanstifter
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Mannheim
Jahr
2021
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Zu gut kennen es Kinder (und Erwachsene), dass man einen Moment so sehr herbeisehnt und die Zeit bis dahin viel zu langsam vergeht. Oh könnte man es doch irgendwie beschleunigen! Raffaela Schöbitz und Kerstin Hau legen ein wunderschönes Bilderbuch zum Warten und Sich-in-Geduld-üben vor.

Beurteilungstext

Auf einem Boot leben das Mädchen Paulette, ihr Kater Minosch und eine Pflanze namens Mimose. Während der Kater jeden Tag vor dem Mauseloch sitzt und wartet, macht Paulette ganz viel: malen, singen, träumen oder nähen. Als das Mädchen entdeckt, dass ihre Mimose Knospen hat, ist es vorbei mit dem Genießen des Moments: Ihre Vorfreude auf die kleinen Blüten ist so groß, dass sie - inspiriert von den hektischen Menschen am Ufer der Seine, denen es nicht schnell genug gehen kann - alles tut, um die Pflanze zum schnelleren Blühen zu bewegen. Minosch hält gar nichts von Paulettes Eifer: "[...] ändern wird das nichts. Mimosa blüht, wenn sie blüht." Er empfiehlt dem Mädchen geduldig zu sein, doch das ist langweilig und anstrengend zugleich, findet sie. Doch am nächsten morgen haben sich fünf Knospen geöffnet und verströmem ihren Duft nicht nur auf dem Boot, sondern bis ans Ufer: die Leute halten einen Moment inne und Minosch resümiert weise: "So ist das oft. Erst erscheint alles endlos lang und weit weg. Aber dann - schwupps - ist es plötzlich da." Kurz scheint die Zeit still zu stehen.

Schön gemacht ist auch, dass parallel zu Paulettes Warten auch Minoschs Abwarten vor dem Mauseloch in den Bildern dargestellt wird. Doch obwohl er eigentlich der Experte fürs geduldige Warten ist, können ihn die Mäuse austricksen und ungesehen ihr Loch verlassen, da Minosch durch Paulette und die Pflanze abgelenkt wird. So können die Mäuse die ganze Zeit nutzen, sich frei auf dem Boot zu bewegen und zu spielen. Und auch sie stehen schließlich bewundernd vor der blühende Mimose bis der Kater sie entdeckt. Doch die Zeit ist auf ihrer Seite: schneller als der Kater erreichen sie ihr Mauseloch - und für den Kater beginnt das Warten nun wieder von vorn.

Raffaela Schöbitz und Kerstin Hau schaffen mit "Paulette und Minosch" ein sehr schönes Bilderbuch zu einem, besonders für Kinder, wichtigen Thema. Die Illustrationen sind sehr ansprechend, mischen viele Elemente und Stile und erschaffen hier einen fast fantastischen Mikrokosmos. So das visuelle Spiel mit dem Boot: Wird es in der Außenansicht auf dem Wasser gezeigt, sieht es aus wie ein gefaltetes Papierboot; Paulette, ihr Kater und die Mimose sind zu sehen. Mit den folgenden beiden Doppelseiten offenbart sich ein gemütliches Wohnzimmer innerhalb des Bootes mit Regalen und Schränken, Ofen, Sessel, Teppich. Durch zwei Bullaugen wird immer noch ein kleiner Blick nach draußen auf das Ufer gewährt.
Die Bilder sind mal monoszenisch, mal pluriszenisch gestaltet; mithilfe von Sprechblasen werden wörtliche Rede und Geräusche comicähnlich den Bildern angereichert. In den Buntstiftbildern finden sich immer wieder collagenhafte Elemente; mit den detaillierten Tuschelinien und gedeckten Farben entsteht eine besondere Atmosphäre und Harmonie. Hervorstechend ist die Gestaltung der Wellen mit intensiven Blau-, Grau- und Grüntönen und markanten, gleichmäßigen Linien, die auf dem Buchcover und -rücken auch haptisch hervorgehoben sind. Auf der Buchrückseite ist außerdem ein erwachsenes Pärchen zu sehen, das in dem Buch nicht vorkommt. Sie sitzen an einem Tisch am Ufer der Seine, die Frau hat große Ähnlichkeit mit Paulette. Sind es möglicherweise ihre Eltern, die dort sitzen, während das Mädchen spielt und damit die Geschichte als eine dem kindlichen Gedankenspiel entsprungene erscheint? Das darf wohl offen bleiben.

Das Boot auf dem Fluss erscheint zunächst als Ort, den die Zeit nicht so sehr kümmert: Paulette liebt das zeitvergessene Tun. Am Ufer hingegen kann es den Menchen nicht schnell genug gehen: Die Uhren ticken und mahnen zur Eile, die Leute sind ungeduldig, eine ältere Dame verkauft frische Zeit. Durch die Vorfreude auf das Blühen ihrer Pflanze wird nun auch Paulette ungeduldig, möchte den Prozess beschleunigen und erhält viele Tipps von den Menschen aus der Stadt: Zuerst von einer Frau, die auf dem Speedboot "Speedy" kommt. Das ist nur ein Beispiel für viele Details, die es im Buch zu entdecken gilt.
Für Lesende jeden Alters ist es ein reichhaltiges, unbedingt zu empfehlendes Bilderbuch um über Zeit, Geduld und Ungeduld, das Warten und das Vertrauen auf das eigene Tempo nachzudenken.
[Susanne Drogi]

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von sd; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 27.02.2021

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