Mit dem Herz einer Piratin

Autor*in
Reifenberg, Frank M.
ISBN
978-3-522-17861-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Scholz, Barbara
Seitenanzahl
236
Verlag
Thienemann
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2007
Lesealter
12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Lissy und Jule sind eigentlich sehr unterschiedlich und können sich nicht leiden. Doch durch einen Zufall treffen sie sich abends an dem Platz, an welchem die Jungen ein Floß bauen, natürlich ohne Mädchen. Es kommt zu einem Streit und sie klauen den Jungen ihr Floß. Eher ungewollt treiben sie damit in Richtung Spreewald. So beginnt die Freundschaft zwischen den beiden pubertierenden Mädchen, doch bis sie dies erkennen, müssen sie so manches Abenteuer zusammen bestehen.

Beurteilungstext

Lissy ist die Hauptperson in dieser Geschichte. Sie ist ein eher untypisches Mädchen, denn sie liebt Piraten und würde gerne mit den Jungen, die Matze um sich gesammelt hat, an deren Floß mitbauen. Doch die wollen "Ischen", wie sie Mädchen abfällig bezeichnen, nicht mitmachen lassen. Mackerhaftes Verhalten ist an der Tagesordnung, und Mädchen taugen nur zum Küssen. So auch Jule, Matzes Freundin. Sie ist ein richtiges Mädchen und hat schon richtig viel Busen. Tom ist freundlich und die Ausnahme in der Floß-Truppe. Er ist in Lissy verliebt, traut sich aber nicht, es ihr zu sagen. Das Buch lebt von diesem Konflikt zwischen Mädchen und Jungen, die sich alle im Anfangsstadium der Pubertät befinden.
Lissy fühlt sich von ihrem alleinerziehenden Vater ungerecht behandelt, läuft weg und landet abends am Strand. Dort ist auch Jule, die Matze mit ihrer besten Freundin auf dem Floß beim Knutschen erwischt. Es kommt zu einer Rangelei, bei der Lissy und Jule, die nichts mit einander anfangen können, auf dem Floß landen. Sie werden aufs Wasser und in Richtung Spreewald getrieben. Sie haben keine Ahnung, wo sie sind und werden schließlich an Land getrieben. Sie übernachten auf dem gut ausgestatteten Floß. Lissy möchte zu ihrem Onkel, der auf der Elbe ein Schiff hat und - anfangs ungewollt - macht Jule mit. Die beiden unterschiedlichen Mädchen freunden sich im Lauf der Fahrt an, sie schwanken zwischen echter Freundschaft und Eifersüchteleien. Durch das ungeplante Aufbrechen müssen sie einige Tücken meistern, doch sie begegnen zum Glück einigen hilfsbereiten Menschen. Der Vater von Lissy und die Mutter von Jule sind in der Zwischenzeit auch nicht untätig, gehen zur Polizei, die aber nichts unternimmt. So machen sich die Beiden auf die Suchen nach ihren Kindern. Und auch Matze und seine Jungs sind auf der Suche nach den Mädchen und sinnen auf Rache. Am Ende werden sie von der Polizei mitgenommen, denn einige ihrer Aktionen waren nicht legal. Zum Schluss wird das Ganze noch mal richtig spannend, denn die Mädchen fallen vom Floß und ausgerechnet die Piratin Lissy kann nicht schwimmen. Jule rettet ihr das Leben und Lissy erkennt, dass Jule eine richtig gute Freundin ist. Nun tauchen auch Vater, Mutter und Tom (der die Seiten gewechselt hat) auf einem geliehenen und manövrierunfähigen Boot auf, und alle treiben auf eine Staustufe zu... Natürlich können sich alle retten und genießen am Ende eine gemeinsame Fahrt auf dem Frachter ihres Onkels.
Dieses spannendes Buch beschreibt gut die inneren Konflikte, die in einem Mädchen herrschen können, wenn es nicht mehr Kind und noch keine Erwachsene ist. Der Prozess des Einfindens in die eigene Rolle und das Zurechtkommen mit Anderen wird anschaulich und glaubhaft dargestellt. Der Roman bietet ein realistisches Abenteuer mit vielen Möglichkeiten der Identifikation. Die Hauptperson Lissy interessiert sich nicht für Küsse und die Jungen findet sie zwar als Spielpartner gut, wenn sie freundlich sind, aber ihre Entwicklung zur Frau begeistert sie nicht. Auch in Jule, die sehr weiblich ist, stark an Jungen interessiert und auch schon einige Erfahrungen gemacht hat, kann sich der Leser gut hinein finden. Bei den Jungs gibt der Macker Matze den Ton an, er ist ein abschreckender Vertreter der männlichen Spezies, der auf die Dauer anstrengend und auch lächerlich wirkt. Doch Tom hat sein Herz am rechten Fleck, er ist freundlich und schüchtern und traut sich, als es für die Mädchen richtig brenzlig wird, ihnen endlich zu helfen, wenn auch heimlich. Und auch Jurij, den die Mädchen im Spreewald treffen, bietet ein positives Rollenbild. Die Sprache ist lebendig und trifft die Ausdrucksweise Pubertierender gut, besonders der raue und mackerhafte Umgangston der Jungen passt, ohne anbiedernd zu wirken. Das flüssig zu lesende Buch wird ergänzt durch einige Bleistift-Zeichnungen, welche die Situation und besonders die Gefühle der beteiligten Personen gelungen wiedergeben. Jedem Kapitel vorangestellt ist eine passende Vignette und auch zwischen einzelnen Abschnitten sind Zeichnungen von kleinen Rettungsringen eingestreut. Die gesamte Aufmachung ist gut auf das Buch abgestimmt und macht Lust hinein zu lesen. Allerdings ist das Cover ein wenig zu rosa und vermittelt den Eindruck, das Buch könnte für jüngere Leser geschrieben sein. Doch das auf dem Titelbild zu sehende Floß mit den beiden Mädchen, eines mit langen blonden Haaren und Rock, das andere eher burschikos und das knallige türkisfarbene Vorsatzblatt relativiert diesen Eindruck.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von BW-UKL.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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