Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg - Was der Erste Weltkrieg mit uns zu tun hat

Autor*in
Nützel, Nikolaus
ISBN
978-3-8458-0172-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
144
Verlag
Gattung
Ort
-
Jahr
2013
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Buchtitel ist Programm: Nützel geht ganz von seiner Familiengeschichte aus dem WK I auf die Spur. Persönlich und scheinbar wenig objektiv analysiert er Ursachen und Zusammenhänge. Er stellt die Frage nach Schuld und nach den Folgen, die dieser Krieg die Welt und unseren Alltag noch heute bestimmen lässt. Er gibt keine einfachen Antworten, manche Frage bleibt offen, außer der, dass wir alle uns mit der Geschichte auseinandersetzen müssen um unser Leben verstehen zu können.

Beurteilungstext

Nützel stellt seiner Familie eine einfache Frage: Warum feiert sie jedes Jahr den 24. August? Die Antwort liefert er erst nach rund 130 Seiten. Diese Seiten füllt der Autor mit einer vielschichtigen Betrachtung der Zusammenhänge von Person, Familie, Staat und eben den Kriegen. Überzeugend vertritt er die These, die Zeit von 1914 bis 1945 müsse als der 2. 30-jährige Krieg verstanden werden. Und wie seinerzeit der 30-jährige Krieg bis heute seine Spuren hinterlassen hat, sind auch die Folgen dieses 2. 30-jährigen Krieges allenthalben sichtbar. Ohne diese Erkenntnis ist ein Bosnienkrieg nicht verständlich, nicht zu verstehen, warum der Staat Israel gegründet werden konnte, wie der Chauvinismus der Nazis, der alten und der neuen zu erklären ist und so weiter.
Dadurch, dass Nützel in farbig gekennzeichneten Kapiteln immer wieder von der Geschichte seines Großvaters erzählt, die historischen Ereignisse beschreibt und vielerlei Anekdoten damit verflicht, umgeht er die Gefahr zu langweilen. Sein oberstes Ziel ist es zu zeigen, warum es wichtig ist, sich in der Geschichte der letzten 100 auszukennen. Scheinbar Nebensächliches (was heißt 08/15 ?) wird zu einem kleinen Exkurs in die Kriegsgeschichte genutzt, scheinbar Ätzendes (die endlosen Flächen der weißen Totenkreuze von Verdun) wird reduziert auf einzelne Personen, auf Individuen, die Spuren hinterlassen haben. Und er macht deutlich, dass in diesem wahrhaft weltumfassenden Krieg junge Menschen ihr Leben ließen - lassen mussten -, die gar nicht erkennen konnten, wofür sie das taten.
Das für mich Wichtigste aber ist, dass Nützel versucht zu erklären, WIE die Menschen, seine Großeltern und andere, seinerzeit dachten, wie überhaupt so etwas wie eine Kriegsbegeisterung entstehen konnte. Sein logischer Schluss am Ende des Buches nach den Fragen, wie er sich selbst denn im Jahre 1914 verhalten hätte: ""Ich weiß es nicht."" Wohl aber weiß der Leser, auch der junge, dass das zwar impliziert, seine Vorfahren nicht blindlings zu verurteilen, dass er sich heute aber ganz eindeutig gegen den Krieg stellen wird.
Selbst die Klippe der Frage: Wer hat denn eigentlich Schuld am Ausbruch des 1. Weltkrieges? umschifft Nützel für seine Leser: Die Frage wäre kaum zu beantworten (nachdem er die historischen Umstände erläutert hat), wohl aber die Frage: Wer hat denn etwas unternommen, um einen Kriegsausbruch zu verhindern? - Keine der beteiligten Parteien.
Die vielen Abbildungen lassen so etwas wie ein Zeitgefühl entstehen. Nützel scheut sich nicht, auch widerliche Propagandabilder zu zeigen, wohl kommentiert. Die Zusammenhänge werden deutlicher, viele Fragen bleiben letztlich offen, z.B. warum der ""Untergang der Titanic"" zum Kollektivgedächtnis gehört, nicht aber der der ""Lusitania"" in fast der gleichen Zeit mit vergleichbar vielen Opfern. Aber Nützel stellt diese Fragen und legt auch Antworten nahe.
Der Leser muss sich selbst dazu durchringen, die Geschichte zu bewerten. Nützels Einstellung ist deutlich, aber er gibt kein Ergebnis vor.
Begriffserklärungen, Quellenhinweise (zu Filmen, Büchern, Gedenkstätten, Internet), Landkarten und eine Zeittafel von 1870 bis 1919 im Anhang.
Ein Geschichtsbuch, das ein Gefühl für das entstehen lassen kann, was wir als Geschichtsbewusstsein erkennen. Cjh13.14

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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